Sonntag, 25. Dezember 2016

Kretas Osten - die sanfte Seite der Insel

Wer Svenja kennt, weiß dass sie es mit Abschieden nicht so hat. Und so war unsere oberste Prämisse in Bewegung zu bleiben, um das Tränenvergießen im Rahmen zu halten. Nicht umsonst hatten wir uns das Archäologische Museum in Iraklion für diesen Tag aufgehoben. Wir wandelten durch die Hallen und staunten über die große Menge und Schönheit an Relikten, die hier zusammengetragen worden sind. Eines unserer Lieblingsexponate war der Diskus von Festos, dessen Hieroglyphen bis heute nicht entschlüsselt worden sind. 


Zudem staunten wir über das bekannte Stierkopfgefäß und die Schlangengöttinnen, allesamt Kultgegenstände aus Knossos. 



Bei den meisten Freskenresten –ebenfalls zumeist aus Knossos- waren wir uns nicht ganz sicher, ob wir die hochklassige Maltechnik von vor über 3500 Jahren oder die archäologische Kunst, aus den wenigen Fragmenten ganze Bilder zu puzzlen, höher einschätzen sollten.

das was alt aussieht, ist original...

Wir nutzten die Tatsache, dass wir in der Stadt waren und gaben unser Weihnachtsgeschenk an unser Auto in Auftrag- ein Satz neuer Winterreifen sollte es sein. Natürlich ist Griechenland und speziell Kreta nicht gerade die Adresse dafür, aber dass wir den halben griechischen Markt an schlumpfkompatiblen Winterreifen aufkaufen mussten, war dann doch unerwartet. Irgendwo in Thessaloniki lagerten 2 Jahre alte, aber neuwertige, Reifen, die unser Reifenhändler des Vertrauens prompt bestellte. Wir hatten 9 Tage Spielraum, das sollte doch eigentlich machbar sein, oder? Ganz nebenbei können wir euch in diesem Zusammenhang noch ein Beispiel der in Griechenland durchaus typischen Rechenkünste der Buchhalterin (!) des Unternehmens liefern.



Wann die Reifen ankommen würden, konnte man nicht genau vorhersagen und so verbrachten wir den nächsten Tag mit Internet-Arbeit und der Planung unserer restlichen Tage auf Kreta. Es schien uns ratsam in den Südosten zu fahren und die Rückkehr nach Iraklion um Heiligabend herum anzupeilen. Wir übernachteten in Pigi an einer Kirche, die wir gerne von innen gesehen hätten, nur war sie natürlich verschlossen, ebenso wie die Taverne daneben, in der man wohl nach dem Schlüssel hätte fragen sollen.


So blieb uns tags darauf nur die Weiterfahrt in die wärmste Stadt Kretas Ierapetra, die gleichzeitig auch die südlichste Stadt Europas ist. Es ist wohl Ironie des Schicksals, dass wir uns gerade dort das erste Mal genötigt sahen, Mützen, Handschuhe und Winterjacken herauszukramen, um dem eisigen Wind zu trotzen. Hier seht ihr Svenja – als Schwarzwald-Pinguin verkleidet - am Strand vor der Festung.


Danach überraschten wir die zwei Aufseherinnen des Archäologischen Museums. Damit, dass jemand an diesem Tage die Tür des, noch nicht einmal als Museum ausgezeichneten, Gebäudes öffnen würde, hatten sie nicht gerechnet, zumal die Ausstellung wegen Wartungsarbeiten auch noch geschlossen war. Vielleicht waren sie auch nur ein Vorwand, um uns schneller loszuwerden, wir sahen davon jedenfalls nichts, nachdem wir uns einen kurzen Blick hinein erbettelt hatten.
Östlich von Ierapetra beginnt ein Küstenabschnitt, der kaum bewohnt ist, zu karg und steil türmen sich die Felsen auf. Am Rande einer tiefen Schlucht steht dort in erhabener Position und völlig einsam das Kloster Moni Kapsa, das nur noch von zwei sehr alten Mönchen geführt wird. 


Direkt zu seinen Füßen verbrachten wir die nächsten beiden Nächte. Dazwischen nutzen wir das gute Wetter für eine ausgiebige Erkundung der bizarren Felsenformationen, die um unseren Strand herum aus der Steinwüste sprossen.



Die Landschaft blieb unwirtlich, teilweise gar wüstenartig, umso überraschender tauchte plötzlich das Kloster Toplou vor uns auf. 


Sein Name leitet sich vom türkischen Wort für Kanone ab und seine Wehrmauern gleichen denen einer Festung. Obwohl es das zweitmeist besuchte Gotteshaus der Insel ist, hatten wir Glück, dass uns eine Putzkraft (oder ein Mönch inkognito) die Kirche aufschloss und sogar die berühmte Ikone von Kornaros in allen Einzelheiten erklärte. Danach steuerten wir direkt auf die größte Palmenoase Griechenlands zu: Vai.


Verblüfft stellten wir fest, dass wir bis zum Strand fahren konnten, das hatten wir außerhalb der Saison nicht erwartet. Eine solche Einladung nahmen wir gerne an und blieben über Nacht.



Auch am nächsten Tag hatten die Palmen nichts von ihrer Faszination eingebüßt. 


Dennoch fuhren wir ein Stück gen Süden zur Palastanlage von Kato Zakros. 


Von hier aus handelten die Minoer mit den Ägyptern und auch hier wurde viel aus der Erde geholt, aber von besonderem Interesse ist hier vor allem der älteste bekannte Metallschmelzofen der Menschheitsgeschichte. Es muss allerdings auch erwähnt werden, dass einige Sumpfschildkröten, die in einem überschwemmten Teil der Stätte ansässig sind, den Ruinen die Show zu stehlen versuchten.


Unmittelbar neben der Palastruine beginnt eine breite, sehr reizvolle Schlucht, in deren Höhlen die Minoer ihre Toten bestatteten. Daraus resultiert der recht makabre Name.



Zurück am Schlumpf begaben wir uns für eine weitere Nacht an den Palmenstrand von Vai, um von dort aus am nächsten Tag nach Sitia zu fahren, wo wir im kleinen Archäologischen Museum vorbeischauten, um den erst vor Kurzem gefundenen „Jugendlichen Zeus“ aus minoischer Zeit zu sehen.


Die geplante anschließende Besichtigung des Museums in Agios Nikolaos scheiterte leider an Renovierungsarbeiten.
Die Ausstellungsstücke waren recht unübersichtlich in Plastikkisten verstaut…


Welcher Dämon danach von Nathan Besitz ergriff, wissen wir nicht. Jedenfalls ließ er es sich nicht nehmen noch an diesem Tag den 1030 Meter hohen Pass zur Lassithi-Hochebene mit dem Rad zu bezwingen. Nach knapp 3 Stunden durch Kälte knapp über dem Gefrierpunkt und Peinigung durch alle Niederschlagsformen, die Petrus zur Verfügung stehen, erreichte er mit tauben Zehen aber stolz und glücklich den Bus.

Graupel und plus 3 Grad  #keiner ist so hart

Wir erklommen noch vor der Dunkelheit auch mit dem Bus die bekannteste aller Hochebenen Kretas 


und übernachteten vor einer der typischen Windmühlen.


Dass Nathan noch nachmittags gefahren war, erwies sich im Nachhinein als absolut richtige Entscheidung, morgens fanden wir uns und den Wagen eingeschneit vor.


Wir hatten noch genau zwei Tage Zeit, um unsere Winterbereifung aufziehen zu lassen, gegenwärtig jedoch hatten wir nur restlos abgefahrene Sommerreifen zu bieten. Aber mit denen mussten wir nun zurück zur Küste. Schon an der ersten Miniaturausgabe einer Steigung drehte unser Frontantrieb auf der nicht geräumten Straße durch. Wir kämpften uns dennoch durch die weiße Ebene, konnten auch erahnen wie schön es hier im Frühjahr aussehen muss, wenn die Blumen blühen, und standen schließlich an dem kleinen Pass, der unser letztes echtes Hindernis in Richtung Iraklion darstellte.
Wir versuchten alles, schütteten sogar 20 Liter kostbares Trinkwasser in den Straßengraben, um Gewicht zu verlieren, aber die Reifen fanden keinen Halt. Unsere Rettung ließ aber nicht lange auf sich warten. Typisch Griechenland, typisch Kreta! 


Die angebotene Tüte mit Plätzchen nahm unser Helfer gerne, vielleicht ist er ja auf den Geschmack gekommen und plant seinen nächsten Urlaub im Schwarzwald.
Auf der Abfahrt kamen wir eher zufällig an der 2000 Jahre alten Platane von Krasi vorbei.


An der Küste angekommen, besichtigten wir noch den letzten minoischen Palast in Malia, wo dieser Ohrring gefunden worden ist


und übernachteten kurz vor Iraklion, um am nächsten Tag den überfälligen Reifenwechsel vornehmen zu lassen. Jegliche Befürchtungen waren unnötig gewesen, alles lief glatt.

vorher - nachher

Nun werden wir Weihnachten an einem Strand in Schlagdistanz zur Fähre verbringen, am 26.12. nach Athen übersetzen, dort mit Miri Silvester feiern und danach langsam aber sicher die Heimfahrt beginnen.

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