Mittwoch, 26. Oktober 2016

Ein mit Maronen dekorierter Kuchen zum 30.

Von dieser großen Sackgasse fuhren wir über eine holprige Straße in eine kleinere Sackgasse zur Ausgrabungsstätte Apollonia. Da es schon dämmerte, beschlossen wir mit der Besichtigung bis zum nächsten Morgen zu warten und parkten unterhalb des Eingangs auf einer großen Wiese. Zunächst noch erstaunt über ein an uns vorbeikurvendes Auto, wurde uns erst nach einer Weile klar, dass wir auf einer –einem Flussdelta ähnelnden- Einmündung in einen Feldweg standen. In Ermangelung asphaltierter Alternativen werden in Albanien Wiesen als Wege genutzt. Die meisten grüßten hupend, wie wir es gewohnt waren, bis ein Auto mit discolauter Beschallung im Schritttempo an uns vorbei schlich, kurzfristig zurücksetzte, stehenblieb, hupte und zu unserer Überraschung mit einem älteren Pärchen besetzt war. Der Mann stieg aus, klopfte an unsere Scheibe und reichte uns –kaum, dass die Scheibe geöffnet war- lächelnd zwei Hand voll Birnen ins Auto hinein. Wir revanchierten uns mit einer Tüte Maronen, von denen wir noch reichlich hatten und an deren Zubereitung wir gerade werkelten.

Bei Sonnenaufgang war außer ein paar Bauarbeitern und einem Wachmann niemand im archäologischen Park anzutreffen. Wir spazierten durch die Reste der antiken Stadt, von der außer diesen restaurierten Tempelresten nicht mehr viel erhalten ist. 


Das angrenzende Kloster wurde gerade restauriert und das Museum –Herzstück der Anlage- war aufgrund technischer Probleme geschlossen, sodass wir die wenigen vor dem Eingang stehenden Statuen aufs Genaueste inspizierten.


Danach ging’s weiter zum Llogara-Pass, den Svenja für den Kauf von Berghonig bei dieser älteren Dame 


und Nathan für eine Trainingseinheit nutzte. Die hier auf über 1000 Meter Höhe ansteigende Küstenstraße lag im oberen Bereich im Nebel, auf der Abfahrt eröffneten sich jedoch wunderbare Ausblicke auf die Rivieraküste, die wir im weiteren Verlauf bis zum Südwest-Zipfel Albaniens abfuhren. Dort liegt nämlich inmitten einer Sumpflandschaft die wichtigste albanische Ausgrabungsstätte Butrint, die Relikte aus römischer, griechischer, byzantinischer und venezianischer Zeit aufzuweisen hat und zugleich den Status eines Naturparks inne hat. Da wir nach Toreschluss ankamen, suchten wir einen nahe gelegenen Parkplatz mit schönem, weitem Blick auf die Lagune auf, der sich wenig später in eine deutsche Kolonie verwandelt hatte.


Die folgende Nacht gehörte zu den unruhigsten bisher, –es stürmte, blitzte, donnerte und regnete unentwegt in Strömen- sodass wir uns zeitweilig genötigt sahen, das Zeltdach einzuklappen. Somit war es auch nicht verwunderlich, dass die Ruinenstadt am nächsten Tag komplett unter Wasser stand. 


Nicht nur im Baptisterium bildete sich ein Planschbecken, eigentlich sollte man hier einen Mosaikfußboden bestaunen können.


Viele der konstruierten Wege und Brücken waren nicht begehbar. In weiser Voraussicht hatten wir die Wanderschuhe geschnürt und konnten so auch die höher gelegenen trockenen Areale trockenen Fußes erreichen. 


Von der rekonstruierten Festung aus genossen wir den Ausblick auf die Lagune und die dahinter liegende Insel Korfu.



Auf dem Weg nach Gjirokaster machten wir beim Kloster Mesopotam halt, dessen Außenwände mit Tiermotiven verziert sind, aber nur noch durch eine Metallummantelung zusammen gehalten werden.


Bei grauem Himmel und in strömendem Regen machten wir uns wenig später auf den kurzen Marsch zum Blauen Auge.


Adventure-Schlumpf und Svenja haben sich alle Mühe gegeben euch alles Wissenswerte in diesem Video mitzuteilen:



Völlig durchnässt, aber kostenlos geduscht fuhren wir noch ein Stück weiter auf den Parkplatz eines Parks nahe Gjirokaster, wo wir die restlichen ungefähr 400 Maronen zum Teil zu Maronellen (Maronenfrikadellen à la Svenja) verarbeiteten und zum Teil grillten.

Maronelle mit Ketchup
Als Nathan am nächsten Morgen erwachte, erblickte er dies (kleine Anmerkung: die Kaffee-Konstruktion ist „normal“).


Ohne Ofen war es Svenja gelungen heimlich einen leckeren Kirsch-Pudding-Butterkekskuchen zu kreieren und das war nicht alles- grenzenlos dekadent schlürften wir dazu Cappuccino mit Sahne. So startete Nathan gerne in seinen 30. Geburtstag. Dass die albanischen Kirschen nicht entkernt waren, tat der guten Laune keinen Abbruch.
In Gjirokaster auf dem kleinen, aber sehr steilen Berg angekommen, fanden wir den letzten freien Parkplatz, bezahlten gleich für einen ganzen Tag und ließen uns diesen Tag lang durch die Altstadt treiben. 


Gjirokaster wird auch die Stadt der 1000 Türme genannt, da die meisten Wohnhäuser mit Verteidigungstürmen verstärkt sind. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel –das Zekate-Haus- besuchten wir auch von innen.



Das wehrhafteste Gebäude der Stadt aber ist die auf einem Felsen liegende Festung.


Wir lauschten dem Altstadttreiben, sahen der Bäckerin zu, wie sie an die Ladenbesitzer Plätzchen verteilte und fühlten uns in einem Café rundum wohl, von dem aus wir auch mit unseren Eltern skypen konnten.
Tiefenentspannt kauften wir als Geburtstagsandenken einen kleinen Teppich und fuhren nach einigen Kilometern in Richtung Griechenland von der Hauptstraße ab, um dort ein letztes Mal auf albanischem Boden zu übernachten. Gegen 22.00 riss uns ein Klopfen an der Scheibe aus dem Schlaf; es waren zwei Polizisten, die sich lediglich nach unserem Befinden erkundigten und dann mit freundlichem Gruß verabschiedeten. Wenigstens gratulieren hätten sie noch können…

Samstag, 22. Oktober 2016

Im Land der Sackgassen

Wir erreichten Tirana am frühen Vormittag und stürzten uns erneut ins Getümmel, das um diese Uhrzeit deutlich erträglicher war, wenngleich sich die Parkplatzsuche nicht gerade einfach gestaltete. Im 5-Sterne-Hotel-Parkhaus fanden wir zentral gelegen ein lauschiges Plätzchen und machten uns auf Erkundungstour.
Tiranas Sehenswürdigkeiten liegen sehr dicht beisammen. Das Nationalmuseum wie auch die Hauptmoschee und der Uhrturm liegen in Sichtweite des Wahrzeichens der Stadt, einer Reiterstatue von –dreimal dürft ihr raten- Skanderbeg.


Nur wenig weiter liegt die alte Gerberbrücke, die so gar nicht mehr ins Gesamtbild zu passen scheint:


In der Stadt verstreut stehen noch einige von Enver Hoxhas Tochter entworfene Bauten, die langsam zu verfallen scheinen, aber was soll man auch mit einer Beton-Glas-Pyramide anfangen?


Aber auch die Straßen Tiranas haben wohl schon bessere Tage gesehen. Sie weisen vorwiegend dort Löcher auf, wo einmal Metalldeckel angebracht worden waren. Vom Hydranten- bis zum Gullideckel scheint jeder davon beim Altmetallhändler gelandet zu sein…
Gegen Abend war es Zeit für uns in Richtung Meer zu fahren und nach einem geeigneten Schlafplatz Ausschau zu halten. Den fanden wir an einem weiten Strandabschnitt, der im Sommer von Touristen überlaufen zu sein scheint, jedenfalls reihen sich hier Campingplätze und Bars dicht aneinander. Da die Saison jedoch vorüber ist, waren wir fast gänzlich allein. Lediglich einige Personen mit Taschenlampen schienen auf die Strandbuden aufzupassen.
Den folgenden gewitterigen Vormittag nutzten wir, um unsere verderblichen Maronenreserven- zumindest vorübergehend- zu konservieren. Es entstanden dabei leckere selbstkreierte Maronencreme und Maronenbrägele, von denen wir fortan täglich (ver)zehrten. Am Nachmittag klarte das Wetter auf und wir fuhren auf einer, den Schlumpf heraus- und die Fahrerin teilweise fast überfordernden, Straße ans Kap Rodon. Hier ein Video von der Rückfahrt:


Wir unterschätzten den Matschgehalt des Wanderweges zur Spitze der Landzunge, versuchten zunächst die Pfützen zu umgehen, nutzten diese jedoch später bewusst zur Säuberung unserer Schuhe und wateten durch Matsch, Müll, Kletten und Gestrüpp. Auf dem Weg besahen wir uns einige der hier stehenden Bunker mal von innen



und stolperten dabei über diesen kleinen Hüpfer.


Der Blick, der sich uns ein paar rutschige Meter weiter eröffnete, entschädigte uns für die ertragenen Strapazen. 



Die Festung, die ehedem kein Geringerer als der gute alte Skanderbeg errichten ließ, scheint dem Kampf gegen das Meer nicht mehr lange standzuhalten. Auf Mauerresten herumzutollen und durch Löcher zu klettern, war abenteuerlich und eindrucksvoll.



Nicht nur wir, sondern auch der Schlumpf hatte mit dem Matsch zu kämpfen. Nur gut, dass gerade drei Albaner vorbeikamen, den Schlumpf anschoben, als sei es das Normalste der Welt und sich sogleich wieder verabschiedeten.
Wir nächtigten noch einmal in den Fichtenwäldern des Badestrands und fuhren am nächsten Morgen nach Durres, der zweitgrößten Stadt Albaniens, wo inmitten riesiger Hotelkomplexe, Fast-Food-Restaurants, Cafés und moderner Plätze versteckt das antike Forum und das Amphitheater liegen.



Danach statteten wir der vermeintlich sinnlos mitten im Sumpfland liegenden venezianischen Festung Bashtova einen Kurzbesuch ab.



Im Reiseführer hatte zwar gestanden, dass man hier meinen könnte, die Schreie der Verstorbenen zu hören, aber dass die Gespenster so gruselig aussehen, hatten wir nicht erwartet.



Im Anschluss bogen wir in die längste albanische Sackgasse nach Berat und weiter in den Osum-Canyon ein.
Über 120 km ist sie asphaltiert, um schließlich in einer für normale PKWs nicht mehr fahrbaren Piste zu enden. Wir reizten sie nicht ganz aus und kehrten einige Kilometer vor dem Ende des Asphalts um, nachdem wir die schönsten Aussichtspunkte um den Osum-Canyons herum abgeklappert hatten.




Wie stets in Albanien so war es auch diesmal nicht besonders schwierig einen geeigneten Schlafplatz am Rande der Straße zu finden, auch hier wurde abends freundlich zum Gruße gehupt und nach einer ruhigen Nacht und einer kurzen Wanderung am Morgen frühstückten wir an den Bogova-Wasserfällen.



Auf der Weiterfahrt nach Berat passierten wir Polican, eine trostlose Kleinstadt, die –ihrer abgelegenen Lage wegen- unter Hoxha zur größten Waffenschmiede des Landes umgebaut worden war und nun im Schatten der langsam rostenden Fabriken und Schlote vor sich hin verfällt. 



Gänzlich anders sieht es keine 40 km weiter in Berat aus. Die Stadt der 1000 Fenster strahlte uns in der Vormittagssonne herausgeputzt und mit weiß getünchter Fassade entgegen. Die schachtelförmigen, am Hang klebenden Häuser beeindruckten durch ständig wechselnde Perspektiven.  


Wir hatten uns vorbereitet und scheuchten das arme Auto den nicht ganz so steilen und engen Weg zur Festung hinauf, die als eigener Stadtteil durchgeht. Knapp 100 dauerhaft bewohnte Häuser im für Berat typischen albanisch-ottomanischen Stil stehen noch in ihr und dennoch kostet sie Eintritt, vermutlich aber nicht für die Einwohner, die hauptsächlich vom Souvenir-Verkauf leben.



Wir durchstreiften so ziemlich jede Gasse, sahen uns das Ikonenmuseum an und erlebten eine Hochzeit auf albanisch, kurz nachdem wir die Hochzeitseinladung von Änki und Adi bekommen hatten. Dieses Bild ist für euch:




Dienstag, 18. Oktober 2016

Große Nord-Albanien-Runde

Bevor wir euch von unseren Albanien-Erlebnissen berichten, wollen wir noch ein paar generelle Sätze zu einem Land verlieren, das uns unerwartet stark in seinen Bann gezogen hat.
Von 1941-1985 war Albanien eine Diktatur unter Enver Hoxha, die nach und nach alle Verbündeten verlor und am Ende restlos isoliert dastand. Aus Angst vor einer Invasion wurden im ganzen Land an strategisch wichtigen Orten pilzförmige Bunker, zumeist in 3er oder 4er Gruppierungen, gebaut. Sie galten als unzerstörbar und in Anbetracht der noch stehenden Anzahl muss da wohl irgendetwas dran gewesen sein, einige Tausend stehen noch.


Unter Hoxha war so einiges nicht erlaubt, z.B. der Besitz von Privatautos, die Ausreise, jegliche Religionsausübung (nur wenige Kirchen und Moscheen haben „überlebt“) oder ausländisches Radio zu hören. Nach seinem Tod bzw. nach dem Fall des Nachfolge-Regimes einige Jahre später änderte sich dies schlagartig und jeder brauchte plötzlich ein Auto. Der Bedarf wurde zum Großteil mit importierten –häufig im Ausland gestohlenen- Mercedes-Benz gedeckt. Die inzwischen in die Jahre gekommenen Autos stellen auch heute noch das Auto der Mittelklasse dar. Die Unterschicht fährt noch immer auf Pferdekarren durch die Gegend, während diejenigen, die es sich leisten können in neuen Mercedes-Benz’ umherfahren. Wer in Albanien Auto fährt, sollte emotional belastbar sein. Es wird zur Begrüßung gehupt und vor dem Überholen (wenn man den Überholten beim Überholen grüßt logischerweise zweimal), um Tiere von der Straße zu verscheuchen, wenn der Verkehr nicht voran geht oder einfach aus Lust und Laune. Es kommt einem vom Perlhuhn bis zum LKW alles entgegen, was sich in irgendeiner Weise fortbewegen kann, häufig völlig aus dem Nichts. Ebenso aus dem Nichts erscheinen Schlaglöcher auf bis dahin bester Straße, teilweise sogar auf der Autobahn. Da sind solche Strecken, die nur aus Schlaglöchern bestehen tatsächlich dankbarer. Viele Strecken im Land sind allerdings nur mit Geländewagen zu bewältigen.

Außerdem sei erwähnt, dass zwei historische Persönlichkeiten omnipräsent erscheinen. Zum einen der Nationalheld Skanderbeg, dessen Statue in jeder etwas größeren Stadt zu finden ist und zum anderen die, wie früher schon beschrieben, zwar in Skopje geborene, aber einer albanischen Familie entstammende Mutter Theresa, nach der so ziemlich jedes Krankenhaus benannt sein dürfte, das in Albanien steht, übrigens auch schon jenes im überwiegend von Albanern bewohnten Ulcinj, in welchem Nathans Bein geflickt wurde.

Wir waren also (vorerst nur physisch) in Albanien angekommen, fuhren zunächst zur Komplettierung den Ohridsee noch von der albanischen Seite ab und am nächsten Morgen ging es weiter nach Elbasan, wo wir einen der rar gesäten funktionstüchtigen EC-Automaten fanden und das Treiben auf dem großen Hauptplatz auf uns wirken ließen.




Danach fuhren wir, Nathan auf 2, Svenja auf 4 Rädern, über einen wunderschönen Pass von der drittgrößten Stadt des Landes in die größte –Tirana- bzw. bis kurz davor. Dort nämlich liegt die Skanderbeg-Festung Petrele, wohl hauptsächlich für Tagesausflüge Einheimischer fotogen aufbereitet, auf ihrem Felsvorsprung. 


Auf dem tagsüber sehr belebten Parkplatz zu ihren Füßen, der gleichzeitig auch als Hauptplatz des umliegenden Dorfes dient, schliefen wir trotz eines heftigen Gewitters, welches einen Stromausfall mit sich brachte (was unser Glück war, da die Laternen ausfielen), bald ein. Am nächsten Morgen begannen wir etwas zu früh unseren Kampf durch Tiranas Straßen, wo wir uns bald mitten im Arbeitsverkehrs-Chaos wiederfanden, da die neue Umgehungsstraße, die Tiranas Straßen endlich Entlastung verschaffen soll leider nur vor und hinter Tirana fertig gestellt wurde. Der wichtigste Teil fehlt allerdings, ja schlimmer noch: die bis zum Ortseingang exzellent ausgebaute Schnellstraße (90km/h sind erlaubt) endet ohne jegliche Vorwarnung oder Geschwindigkeitsanpassung hinter einer langgestreckten Kurve in einer Serpentine mit Schotterbelag! Nathan manövrierte den Schlumpf in gekonnter albanischer Fahrweise durch meist vier Fahrspuren anstatt der zwei eingezeichneten. Die Ampeln wurden durch Polizisten überstimmt, die wild wedelnd die Rot- und Grünphasen anzeigten, die sich danach richteten, wie viele Autos noch auf die andere Seite der Kreuzung passten. Das Chaos potenzierte sich allerdings in den zahlreichen Kreiseln. Hier herrscht das Gesetz des Stärkeren, wenn es überhaupt Regeln gibt. Zumeist sind die Kreisel 3 bis 4-spurig, eigentlich. Bei dem real existierenden Wirrwarr an hupenden, drängelnden und quer stehenden Fahrzeugen kann man aber mit Sicherheit nicht mehr von Fahrspuren reden. Sogar einen U-Turn haben wir mitverfolgen „dürfen“. Innen ging es halt nicht weiter, und wer will schon warten?  Nach schätzungsweise einer Stunde kamen wir ohne Delle wieder raus- aber es sollte nicht das letzte Mal auf Tiranas Straßen gewesen sein- schließlich haben montags alle Museen Tiranas geschlossen und die Hauptstadt-Besichtigung musste bis auf Weiteres verschoben werden. Zunächst fuhren wir jedoch peu a peu in ruhigere Gefilde. Zunächst erwartete uns Kruje, die Geburtsstadt des Nationalhelden Skanderbeg. 
Dem (noch?) gemütlichen Basarviertel merkt man allerdings leider schon an, dass auch in Albanien der Massentourismus seine Schatten voraus wirft.


Ganz anders geht es beim einheimischen Bäcker zu, der uns genau die Münzen zeigte, die wir zu bezahlen hatten- wir bekamen für 100 Leke (70 Cent) das bisher leckerste gekaufte Brot unserer Reise.
Ein wenig erhöht befinden sich die Reste der alten Festung, die natürlich, wie könnte es anders sein, Skanderbeg bauen ließ. 


In ihren Mauern finden heute zahlreiche Museen Platz, u.a. das Skanderbeg-Museum, das mehr einem Schrein denn einem Museum ähnelt. 


Außer Monumentalgemälden und –statuen des liebsten Sohnes der Stadt gibt es recht wenig zu sehen.
Bemerkenswerterweise stieg der Ruhepegel auf der 2009 freigegebenen ersten albanischen Autobahn, die von Kruje in Richtung Kosovo bzw. Nordosten des Landes führt. Warum ausgerechnet hier eine Autobahn gebaut wurde, verstehe wer will. Die „Metropole“ des Nordostens Kukes, mit knapp mehr als 10.000 Einwohnern, ist schon 140 km vorher ausgeschildert. Wir fuhren fast gänzlich allein durch die Ausläufer der albanischen Alpen, die in wilder Schönheit am Wegesrand aufragten und sahen weder größere Ortschaften noch Ausfahrten an uns vorbei ziehen. Und damit wenden wir uns einem leidigen Thema zu: Albaner können keine Ausfahrten! Diejenige, die wir hätten nehmen sollen (wir verpassten sie mit der Konsequenz eines 25 km langen Umwegs) war 350 Meter vorher das erste Mal ausgeschildert und so konzipiert, dass man von der linken Spur (für die es ein Stopp-Schild gab!) durch eine Lücke in der Mittelleitplanke hindurch über 2 Spuren des –wenn es welchen gegeben hätte- Gegenverkehrs hinweg auf einen hinter einer Tankstelle versteckten Schotterweg hätte fahren müssen.
Nachdem wir auf dem Rückweg die Abzweigung dann gefunden hatten, fanden wir uns in absoluter Einsamkeit wieder. 


Das erste Dorf folgte nach ungefähr 25 km und war kaum mehr als eine Ansammlung von Schafherden mit ihren Hirten und einer Tankstelle. Über 100 km sollten wir so auf enger Straße bergauf und bergab weiterfahren bis wir unser Ziel Fierza erreicht hatten. Auf diesen 100 km gab es genau eine Weggabelung, 4-5 Ortschaften und unglaublich viele Maronenbäume. Am ersten Tag sammelten wir eigentlich nur dann, wenn die Maronen auf der Straße lagen und konnten trotzdem am Abend den kompletten Tisch bedecken:


Wir stolperten über einen traumhaften Schlafplatz und wurden von fast jedem vorbeifahrenden Autofahrer mittels Hupe und Winken am neuen "Wohnort" willkommen geheißen!


Als wir am nächsten Morgen feststellten, dass es regnete, beschlossen wir uns für den bevorstehenden Winter mit Maronen einzudecken, von denen wir glaubten, man könne sie gut konservieren. Wir sammelten noch einmal etwa die gleiche Menge wie am Vortag zusammen und warteten gespannt auf die nächste Möglichkeit im Internet nach sinnvollen Wegen zu forschen, diese zuzubereiten.
Aber kommen wir zum eigentlichen Grund, der uns in diese abgeschiedene Gegend gelockt hatte.
Dabei handelt es sich um die Koman-Fähre, die wir versucht haben euch in Bild und Ton näher zu bringen:

Diese Fähre fährt genau einmal täglich und braucht für die 35km lange Strecke bis Koman knapp 2 ½ Stunden.
Hier noch ein paar Bilder:




Um auf einigermaßen passable Wege zurückzukommen, waren anschließend noch 2 weitere Stunden Holperpiste zu überstehen. Abends erreichten wir dann das Steinbrücken-Highlight Albaniens- die Mesibrücke:


Wir übernachteten nahe Shkodra und konnten morgens von der Festung herab ein drittes Mal auf den Skutarisee blicken- irgendwie scheint er magnetische Kräfte zu haben.


Ansonsten hat Shkodra nicht viel zu bieten, daher war der Weg frei in Richtung Süden und Hauptstadt.

Samstag, 15. Oktober 2016

Rund um Ohrid- und Prespasee

Tags darauf ließen wir uns von Makedoniens wohl schönster Stadt, Ohrid, verzaubern.


Ohrid hat sich trotz eines gestiegenen touristischen Interesses seinen Kleinstadtcharakter bewahrt. Zahlreiche Kirchenbauten aus dem 10.-14. Jh. zeugen noch vom einstigen Glanz der Stadt. Zwar gehören die Fresken in zwei dieser Kirchen zu den unbestreitbaren Highlights der byzantinischen Kunst auf dem Balkan überhaupt, doch das eigentliche Wahrzeichen Ohrids ist eine kleine, direkt auf einem Felsen über dem See errichtete, Kapelle namens Sv. Jovan Kaneo. 


Um dorthin zu gelangen, kraxelten wir durch einen herrlich duftenden Fichtenwald von der Festung herab und rasteten eine Weile an diesem wunderschönen Ort. Im Vorhof einer weiteren, kürzlich rekonstruierten Kirche (Sv. Panteleimon), wurden Mauern und Mosaike einer alten Kirche gefunden, die -sehr kreativ überdacht- dort zur Besichtigung freiliegen. Unser Weg durch die malerische Stadt führte uns weiter zur Kathedrale Sv. Sofija, deren Wände die stadtältesten Fresken (aus dem 10. Jh.) zieren. 


Weitere Fresken schauten wir uns in der Kirche Sv. Kliment, die oben am Berg liegt, an. Der Aufpasser machte gerade Siesta und so waren wir, bis auf ein paar Arbeiter, alleine dort. Danach verweilten wir ein wenig im Amphitheater und widmeten uns, nach der touristisch- kulturellen Besichtigung, dem Beobachten der einwohnerspezifischen Lebensweise. Fotogene, alte Männer fanden vor dem noch viel älteren Baum ihren Platz, die Fahrradkuriere der Cafés kurvten einhändig, ein Fingertablett balancierend, durch die Basargasse, Autos manövrierten sich durch die schmalen Straßen- all das passierte mit einer Gelassenheit, von der wir uns gerne anstecken ließen.


So fuhren wir in aller Seelenruhe am frühen Abend, zu einer Zeit, zu der die Souvenirshops schließen, noch zum Kloster Sv. Naum, an dessen Pforte uns ein freundlicher alter bärtiger Mann empfing und uns, bevor wir die Kirche besichtigten, seine schon gelernten deutschen Vokabeln präsentierte, um danach noch eine kleine neue Deutschlektion von uns zu lernen. Uns lehrte er im Gegenzug, dass das Älteste und Bedeutendste in der Kirche die Gebeine und die Ikone des Heiligen Naum seien und nicht die Fresken, da diese erst später (18. Jh.) gemalt wurden. Zum Abschluss schenkte er uns noch 2 Heiligenbildchen von eben jenem Naum, der im 10.Jh. die Kirche hatte errichten lassen.


Makedoniens Wetter machte seiner Flagge alle Ehre- wir hatten Sonne pur und so konnten wir am nächsten Tag unsere Wäsche trocknen und neue Energie tanken.


Nathan fuhr den Verbindungspass zwischen Ohrid- und Prespasee von beiden Seiten und wir genossen in der Abendsonne ein Dinner bei Grilllicht und sich im See reflektierendem Mondschein. Das 30km entfernte Ohrid sah nachts aus wie ein beleuchtetes Kreuzfahrtschiff. Kein Wunder, dass Svenja es aus Versehen fälschlicherweise Kotor nannte. Über Nacht machte sich Nebel breit und wir erlebten den See morgens in einer ganz anderen Stimmung als noch am Abend zuvor, fast als sei er traurig, dass wir ihn verlassen mussten. Wir haben versucht diese (Abschieds-)Stimmung auf einem Foto für euch einzufangen.


Über den von Nathan schon gefahrenen Pass ging es dann weiter zum Prespasee, an dessen Ufer sich eine kleine Kirche auf einem Felsen befindet, die ein Engelsfresko beherbergt, das auf den 50 Dinar Scheinen und Münzen (ja, es gibt beides) dargestellt ist. So sehr dies nach einer Hauptsehenswürdigkeit des Landes klang, so klein, steil und holprig war die Straße, die uns dorthin führte. Leider war die Türe verschlossen. Etwas geknickt davon, dass wir den mühsamen Weg dorthin auf uns genommen und dabei nichts zu sehen bekommen hatten, fuhren wir hinunter in den nächsten Ort zurück, in dem Svenja eine Frau beim Zwiebeln aussortieren fragte, ob sie wisse, ob jemand den Schlüssel zur Kirche hätte. Erstaunlicherweise konnte sie uns mit ein paar Brocken deutsch und viel mazedonisch verständlich machen, dass 4 Häuser weiter in einem schönen Haus der Schlüssel zu bekommen sei. Tatsächlich bekamen wir dort auch den Schlüssel ausgehändigt und entgegen der sonstigen Gewohnheit wurden wir nicht beim Besuch der Kirche begleitet; die anstehende Hochzeit im eigenen Hause war wohl wichtiger. So juckelten wir alleine noch einmal zur Kirche Sv. Djordje hinauf. Es war ein erhabenes Gefühl sich eigenhändig die Kirche aufzuschließen.



Den Schlüssel legten wir danach wie besprochen in ein Schälchen vor dem Haus zurück. Glücklich durch die erfolgreiche Challenge, fuhren wir weiter zur Ausgrabungsstätte Heraclea Lycestis bei Bitola, wo wir nach einer sehr informativen kurzen Einführung durch einen Mitarbeiter und nach einem kleinen Auftritt von Svenja im Amphitheater, die schönsten Fresken, die wir bisher auf dieser Reise zu sehen bekamen, bestaunen und fotografieren konnten. 




Als Erinnerung kauften wir die hübsch-hässliche Replik einer hier gefundenen Totenmaske, auch weil wir erneut zu viel Fremdwährung bis zur Grenze durchgebracht hatten. Während in Heraclea klassische Musik trällerte, dominierte im hippen Zentrum Bitolas der Bass. Die Fußgängerzone führte uns zum Uhrturm und der ältesten Moschee der Stadt.




Dann verweilten wir noch ein wenig in einem der schicken Cafés in der Fußgängerzone, bevor wir Makedonien „Dovidenja!“ sagten und einen ersten kleinen Abstecher nach Griechenland machten. Die Südseite des Prespasees ist nämlich ganz besonders schön und wir waren zutiefst beeindruckt von der Natur, inmitten derer wir auf einem kleinen Pass nächtigten. 



Am nächsten Morgen ging mit einer kleinen Bootstour auf dem Großen Prespasee einer von Svenjas Wünschen in Erfüllung. Während ihr Herz wegen der, noch nicht vor dem kalten Winter geflüchteten, Pelikane höher schlug,



bekamen wir auch kulturell etwas geboten. In den steilen Felsen am Ufer sind zwei Marienfresken gemalt und drei Eremitagen sind (nur über den Wasserweg) zu erreichen. Die größte davon- Panayia Eleoussa- ist in einer großen Felsspalte versteckt und durch eine Treppe mit dem Strand verbunden. 



Schöner konnte der Tag nicht beginnen. Doch auch Nathan hatte etwas auf seinem Wunschzettel vermerkt und so radelte er über einen kleinen Pass 



und dann auf der Landzunge, die den Großen Prespasee vom Kleinen Prespasee trennt, nach Agios Germanos, wo wir eine kleine Freskenkapelle besichtigten, von der wir euch endlich ein paar Freskenschnappschüsse liefern dürfen- in Griechenland ticken die Uhren anders, und damit ist nicht nur die Zeitverschiebung gemeint. 





Die Landschaft hat uns so sehr beeindruckt, dass wir auch noch auf die Klosterinsel Agios Achillos im Kleinen Prespasee fuhren, auf der die Ruine einer Kirche aus dem 10. Jh. ganz besonders schön anzusehen war. Interessant war aber auch die hunderte Meter lange Fußgängerbrücke, über die man auf die Insel gelangt.



In der idyllischen Region werden vor allem dicke, weiße Bohnen -Gigantes genannt- angebaut. 



Die Felder gliedern sich wunderbar in die von Schilf bewachsenen Seeufer ein. Gepaart mit den kleinen Klösterchen und den netten Menschen dort, fanden wir eine wunderbare Oase der Ruhe, von der aus wir am nächsten Tag –fast schon etwas wehmütig- nach Albanien starteten.