Sonntag, 25. Dezember 2016

Weihnachtspost

Weihnachten mal (wo) anders-
dieses Jahr: a la Kreta!


Wir haben ein schönes Plätzchen am Strand und ein gemütliches Café gefunden, wo wir geruhsame Stunden verbringen und dabei ein wenig Blog schreiben. Wir lassen die Reise Revue passieren, denken viel an euch alle und wünschen euch Fröhliche Weihnachten!
Wir haben entschieden, dass Kreta der Wendepunkt unserer Reise wird. Wir werden euch also ab sofort Tag für Tag räumlich wieder näher kommen und die Vorfreude euch bald wieder in die Arme schließen zu können, ist riesig!

Kretas Osten - die sanfte Seite der Insel

Wer Svenja kennt, weiß dass sie es mit Abschieden nicht so hat. Und so war unsere oberste Prämisse in Bewegung zu bleiben, um das Tränenvergießen im Rahmen zu halten. Nicht umsonst hatten wir uns das Archäologische Museum in Iraklion für diesen Tag aufgehoben. Wir wandelten durch die Hallen und staunten über die große Menge und Schönheit an Relikten, die hier zusammengetragen worden sind. Eines unserer Lieblingsexponate war der Diskus von Festos, dessen Hieroglyphen bis heute nicht entschlüsselt worden sind. 


Zudem staunten wir über das bekannte Stierkopfgefäß und die Schlangengöttinnen, allesamt Kultgegenstände aus Knossos. 



Bei den meisten Freskenresten –ebenfalls zumeist aus Knossos- waren wir uns nicht ganz sicher, ob wir die hochklassige Maltechnik von vor über 3500 Jahren oder die archäologische Kunst, aus den wenigen Fragmenten ganze Bilder zu puzzlen, höher einschätzen sollten.

das was alt aussieht, ist original...

Wir nutzten die Tatsache, dass wir in der Stadt waren und gaben unser Weihnachtsgeschenk an unser Auto in Auftrag- ein Satz neuer Winterreifen sollte es sein. Natürlich ist Griechenland und speziell Kreta nicht gerade die Adresse dafür, aber dass wir den halben griechischen Markt an schlumpfkompatiblen Winterreifen aufkaufen mussten, war dann doch unerwartet. Irgendwo in Thessaloniki lagerten 2 Jahre alte, aber neuwertige, Reifen, die unser Reifenhändler des Vertrauens prompt bestellte. Wir hatten 9 Tage Spielraum, das sollte doch eigentlich machbar sein, oder? Ganz nebenbei können wir euch in diesem Zusammenhang noch ein Beispiel der in Griechenland durchaus typischen Rechenkünste der Buchhalterin (!) des Unternehmens liefern.



Wann die Reifen ankommen würden, konnte man nicht genau vorhersagen und so verbrachten wir den nächsten Tag mit Internet-Arbeit und der Planung unserer restlichen Tage auf Kreta. Es schien uns ratsam in den Südosten zu fahren und die Rückkehr nach Iraklion um Heiligabend herum anzupeilen. Wir übernachteten in Pigi an einer Kirche, die wir gerne von innen gesehen hätten, nur war sie natürlich verschlossen, ebenso wie die Taverne daneben, in der man wohl nach dem Schlüssel hätte fragen sollen.


So blieb uns tags darauf nur die Weiterfahrt in die wärmste Stadt Kretas Ierapetra, die gleichzeitig auch die südlichste Stadt Europas ist. Es ist wohl Ironie des Schicksals, dass wir uns gerade dort das erste Mal genötigt sahen, Mützen, Handschuhe und Winterjacken herauszukramen, um dem eisigen Wind zu trotzen. Hier seht ihr Svenja – als Schwarzwald-Pinguin verkleidet - am Strand vor der Festung.


Danach überraschten wir die zwei Aufseherinnen des Archäologischen Museums. Damit, dass jemand an diesem Tage die Tür des, noch nicht einmal als Museum ausgezeichneten, Gebäudes öffnen würde, hatten sie nicht gerechnet, zumal die Ausstellung wegen Wartungsarbeiten auch noch geschlossen war. Vielleicht waren sie auch nur ein Vorwand, um uns schneller loszuwerden, wir sahen davon jedenfalls nichts, nachdem wir uns einen kurzen Blick hinein erbettelt hatten.
Östlich von Ierapetra beginnt ein Küstenabschnitt, der kaum bewohnt ist, zu karg und steil türmen sich die Felsen auf. Am Rande einer tiefen Schlucht steht dort in erhabener Position und völlig einsam das Kloster Moni Kapsa, das nur noch von zwei sehr alten Mönchen geführt wird. 


Direkt zu seinen Füßen verbrachten wir die nächsten beiden Nächte. Dazwischen nutzen wir das gute Wetter für eine ausgiebige Erkundung der bizarren Felsenformationen, die um unseren Strand herum aus der Steinwüste sprossen.



Die Landschaft blieb unwirtlich, teilweise gar wüstenartig, umso überraschender tauchte plötzlich das Kloster Toplou vor uns auf. 


Sein Name leitet sich vom türkischen Wort für Kanone ab und seine Wehrmauern gleichen denen einer Festung. Obwohl es das zweitmeist besuchte Gotteshaus der Insel ist, hatten wir Glück, dass uns eine Putzkraft (oder ein Mönch inkognito) die Kirche aufschloss und sogar die berühmte Ikone von Kornaros in allen Einzelheiten erklärte. Danach steuerten wir direkt auf die größte Palmenoase Griechenlands zu: Vai.


Verblüfft stellten wir fest, dass wir bis zum Strand fahren konnten, das hatten wir außerhalb der Saison nicht erwartet. Eine solche Einladung nahmen wir gerne an und blieben über Nacht.



Auch am nächsten Tag hatten die Palmen nichts von ihrer Faszination eingebüßt. 


Dennoch fuhren wir ein Stück gen Süden zur Palastanlage von Kato Zakros. 


Von hier aus handelten die Minoer mit den Ägyptern und auch hier wurde viel aus der Erde geholt, aber von besonderem Interesse ist hier vor allem der älteste bekannte Metallschmelzofen der Menschheitsgeschichte. Es muss allerdings auch erwähnt werden, dass einige Sumpfschildkröten, die in einem überschwemmten Teil der Stätte ansässig sind, den Ruinen die Show zu stehlen versuchten.


Unmittelbar neben der Palastruine beginnt eine breite, sehr reizvolle Schlucht, in deren Höhlen die Minoer ihre Toten bestatteten. Daraus resultiert der recht makabre Name.



Zurück am Schlumpf begaben wir uns für eine weitere Nacht an den Palmenstrand von Vai, um von dort aus am nächsten Tag nach Sitia zu fahren, wo wir im kleinen Archäologischen Museum vorbeischauten, um den erst vor Kurzem gefundenen „Jugendlichen Zeus“ aus minoischer Zeit zu sehen.


Die geplante anschließende Besichtigung des Museums in Agios Nikolaos scheiterte leider an Renovierungsarbeiten.
Die Ausstellungsstücke waren recht unübersichtlich in Plastikkisten verstaut…


Welcher Dämon danach von Nathan Besitz ergriff, wissen wir nicht. Jedenfalls ließ er es sich nicht nehmen noch an diesem Tag den 1030 Meter hohen Pass zur Lassithi-Hochebene mit dem Rad zu bezwingen. Nach knapp 3 Stunden durch Kälte knapp über dem Gefrierpunkt und Peinigung durch alle Niederschlagsformen, die Petrus zur Verfügung stehen, erreichte er mit tauben Zehen aber stolz und glücklich den Bus.

Graupel und plus 3 Grad  #keiner ist so hart

Wir erklommen noch vor der Dunkelheit auch mit dem Bus die bekannteste aller Hochebenen Kretas 


und übernachteten vor einer der typischen Windmühlen.


Dass Nathan noch nachmittags gefahren war, erwies sich im Nachhinein als absolut richtige Entscheidung, morgens fanden wir uns und den Wagen eingeschneit vor.


Wir hatten noch genau zwei Tage Zeit, um unsere Winterbereifung aufziehen zu lassen, gegenwärtig jedoch hatten wir nur restlos abgefahrene Sommerreifen zu bieten. Aber mit denen mussten wir nun zurück zur Küste. Schon an der ersten Miniaturausgabe einer Steigung drehte unser Frontantrieb auf der nicht geräumten Straße durch. Wir kämpften uns dennoch durch die weiße Ebene, konnten auch erahnen wie schön es hier im Frühjahr aussehen muss, wenn die Blumen blühen, und standen schließlich an dem kleinen Pass, der unser letztes echtes Hindernis in Richtung Iraklion darstellte.
Wir versuchten alles, schütteten sogar 20 Liter kostbares Trinkwasser in den Straßengraben, um Gewicht zu verlieren, aber die Reifen fanden keinen Halt. Unsere Rettung ließ aber nicht lange auf sich warten. Typisch Griechenland, typisch Kreta! 


Die angebotene Tüte mit Plätzchen nahm unser Helfer gerne, vielleicht ist er ja auf den Geschmack gekommen und plant seinen nächsten Urlaub im Schwarzwald.
Auf der Abfahrt kamen wir eher zufällig an der 2000 Jahre alten Platane von Krasi vorbei.


An der Küste angekommen, besichtigten wir noch den letzten minoischen Palast in Malia, wo dieser Ohrring gefunden worden ist


und übernachteten kurz vor Iraklion, um am nächsten Tag den überfälligen Reifenwechsel vornehmen zu lassen. Jegliche Befürchtungen waren unnötig gewesen, alles lief glatt.

vorher - nachher

Nun werden wir Weihnachten an einem Strand in Schlagdistanz zur Fähre verbringen, am 26.12. nach Athen übersetzen, dort mit Miri Silvester feiern und danach langsam aber sicher die Heimfahrt beginnen.

Badisch-kretischer Wohlfühlurlaub

Noch bevor die 19,9 kg schweren Koffer auf dem Förderband auftauchten, sahen wir durch die Glasschiebetüre schon einen wilden Nikolaus und eine noch wildere kleine Christine herumwirbeln und nur wenig später konnten wir uns feste in die Arme schließen. Die Wiedersehensfreude war groß und wurde noch größer, als wir das "Frogs House" am Rande von Agios Nikolaos bezogen, das sich als unsere kleine feine Traumunterkunft entpuppte.


Schon bei der Ankunft wurden wir von der Tante des Vermieters und ihrer Englisch sprechenden Bekannten griechisch-herzlich begrüßt (hier hilft jeder jedem). Nachdem wir dort glücklich unser Domizil bezogen hatten und die gefühlt 38 kg an Geschenken ausgepackt hatten, war das erste, nach dem wir uns schon seit fast drei Monaten sehnten, eine warme Dusche- nicht nur wir beide, sondern auch unsere Mitbewohner freuten sich sicherlich darüber. Dass dieses Vergnügen binnen nur 30 Minuten möglich wurde (bis der Boiler das Wasser erhitzt hatte), war grandios und ihr könnt es euch vorstellen- danach fühlten wir uns wie neu geboren. Nach solch langem "Basiclife" sind schon die eigentlich normalsten Dinge der heimischen Welt für uns Komfort und Luxus geworden- unbegrenzt Strom und Internet zu haben, sich abends einfach ins Bett fallen lassen zu können, ohne davor schwere Kisten umlagern zu müssen, aufrecht stehend zu kochen, einen großen Kühlschrank mit Eisfach zu haben, den man bedenkenlos die ganze Nacht durchlaufen lassen kann (ohne dabei wertvolle Gasreserven zu verbrauchen), im Backofen mal wieder ganz andere Gerichte zubereiten zu können, von Svenjas Eltern verwöhnt zu werden, die Beine hochzulegen, während Herbert das Schlumpfinterieur reparierte, Christine sich um die viele Wäsche kümmerte und vieles, vieles mehr...
Aber nun zu den schönen gemeinsamen Unternehmungen:
Wir genossen erst von unten und später von der Steilküstenstraße aus den Blick auf die komplett mit einer Festung bebaute kleine Insel Spinalonga und den Golf von Mirabello.





Der Name mag den Medizinern unter euch bekannt vorkommen, er heißt übersetzt "langer Dorn", hat aber mit der Wirbelsäule eigentlich nichts zu tun. Das kleine Eiland hieß einst "stin Elounda" ("nach Elounda")- benannt nach dem Ort, von dem aus man im Sommer dorthin rüber schippern kann. Im Winter sitzt im Kassenhäusle nur ein hartgesottener Schwarzwälder, der uns statt Tickets zu verkaufen lieber mit Joster und Whiskey verköstigte- die Schönwettergriechen waren längst ausgeflogen. 



In venezianischer Zeit wurde die Insel in "Spina lunga" umbenannt, die ursprüngliche Bedeutung ging dabei verloren. Dennoch ging sie als Quarantäneinsel für Leprakranke in die Medizingeschichte ein. Bei schönstem Wetter genossen wir den schönen Strand, ließen Steine hüpfen und die Seele baumeln. Tags darauf hatte der Wind es leider nicht geschafft die Regenwolken über uns wegzupusten. Wir machten uns dennoch auf den Weg nach Kritsa. Dort lockte eine Kirche mit Fresken, die zu den wertvollsten und schönsten ganz Kretas zählen. Ungefähr 50 Meter Schottersackgasse führten uns von der Hauptstraße direkt zur Kirche, neben der wir parkten.


Es überraschte uns nicht sonderlich, die Kirche verschlossen vorzufinden, dass aber zwei vorbeikommende Rentner nicht wussten, wo der Schlüssel verwahrt wurde, war ungewöhnlich. Wir liefen umher wie ein aufgescheuchter Hühnerschwarm, rüttelten an jeder Tür, die wir im weiteren Umkreis fanden, aber nirgends war unser Bemühen von Erfolg gekrönt. Also fuhren wir in die Dorfmitte und fragten den ersten Mann, den wir sahen. Er gab uns eine einwandfreie Wegbeschreibung zur Kirche, von der wir gekommen waren, von einem Schlüssel wusste auch er nicht das Geringste. Svenja hatte schließlich den Einfall, in einem touristisch-orientierten Laden zu fragen. Die Verkäuferin war erstaunt, schließlich gäbe es unmittelbar vor der Kirche einen Ticketshop und dort wäre sie vor einer Stunde noch gewesen, er habe geöffnet gehabt. Also wendeten wir unser Gefährt und fuhren vor einem verlassenen wirkenden Gebäude direkt neben dem Schotterweg, auf dem wir eben geparkt hatten, vor.
Und tatsächlich: Von einem dicken Pfeiler verdeckt, hing ein DIN A4 großes Schild mit der Aufschrift „Tickets“ im Fenster. Dahinter saß eine treu-doof in den Regenschauer blickende Dame, die uns kommen und wieder fahren gesehen haben musste. Auch Svenja war auf der Suche nach einer Ansprechperson in geringem Abstand zu Fuß hier vorbeigekommen. Ob sie durch den Anblick von Touristen in Schockstarre gefallen war, ihren Winterschlaf schon begonnen hatte oder schlichtweg wasserscheu war, lässt sich nicht abschließend klären.
Immerhin schloss sie uns auf Nachfrage das Kircheninnere auf, von dem wir euch mal wieder Bilder präsentieren dürfen. 



Großartig interessant waren wir für die Ticketverkäuferin indes nicht, sie sprach während unseres gesamten Besuchs mit einer hinzu gekommenen Freundin, die ihren Wagen fast in der Türschwelle zur Kirche abgestellt hatte. Als wir uns zum Gehen wendeten, öffnete der Himmel seine Schleusen und wir rannten in einem günstigen Moment zum Schlumpf. Wir planten noch das weitere Procedere, als des bizarren Schauspiels zweiter Akt begann. Die beiden Damen hatten es für nötig gehalten die 50 Meter von der Kirche zum Tickethäuschen mit dem Wagen zurückzulegen. Natürlich wurde auch hier so nah am Eingang wie möglich geparkt. Für die zu überbrückenden 2 Schrittlängen wurde dann aber noch ein Regenschirm gezückt, köstlich!
An unserem nächsten Ziel- der auf einem Bergsattel gelegenen Ausgrabungstätte Lato- ernteten wir von der, ihre Zeit absitzenden, Ticketverkäuferin die nächsten erstaunten Blicke. Nachdem sie sich jedoch versichert hatte, dass wir wussten, wo wir dort gelandet waren, schloss sie uns freundlich das Tor auf. 


Wir trotzten dem Regen und wurden mit ansehnlich gut erhaltenen Ruinen einer dorischen Siedlung und einer ganzen Handvoll über uns kreisenden Gänsegeiern belohnt.
Als der Himmel und wir wieder trocken waren, schlenderten wir noch ein wenig durch unsere Residenzstadt Agios Nikolaos. Das Ambiente rund um Hafen und See gefiel uns sehr gut. 


Mit einem traditionellen Cego-Abend ließen wir den Tag gemütlich ausklingen. Dabei machte Svenjas Glückssträhne ihr großes Pech im Harlekin-Skat gegen Nathan wett. Das Highlight Kretas hoben wir uns für den dritten Tag auf- Knossos. Nachdem wir am Eingang unverschämt teure Führer abwimmelt hatten, durchwanderten wir nahezu alleine die größte und bedeutendste minoische Palastanlage, die Sir Arthur Evans ab 1902 erst freigelegt und dann teilweise rekonstruiert hatte. Die Originale aller hier gefundenen Fresken wurden ins Archäologische Museum Iraklion gebracht und vor Ort durch Kopien ersetzt.

Thronsaal

Megaron der Königin
Beim großen und beeindruckenden Rundgang entstanden viele schöne und individuelle Fotos, von denen nur wenige öffentlichkeitstauglich sind:

Lilienprinz


Trotz oder gerade wegen der von Evans vorgenommenen Veränderungen ist Knossos mit Abstand die eindrucksvollste Palastanlage Kretas, nirgends sonst bekamen wir eine ähnlich gute Vorstellung von der Größe und Raffinesse der minoischen Zentren.

Nordeingang

Am nächsten Morgen mussten wir leider schon wieder packen. Das große Loch in den Koffern, das durch die mitgebrachten Geschenke, Schmuggelware, Getränke und Leckereien entstanden war, wurde für den Rückflug mit Flossen und Schnorchel, Fahrradhelm und Souvenirs gestopft. Vielen Dank Christine und Herbert für euer Weihnachtsgeschenk- diese wundervollen Tage mit euch!

Donnerstag, 22. Dezember 2016

Die früheste europäische Hochkultur und hoher Besuch aus der Heimat

Auf dem Weg zur Mitte Kretas hielten wir noch kurz an diesem eigenwilligen Brunnen in Spili


und kamen schon bald nach Agia Triada, unserem ersten minoischen Ausgrabungsfeld. 
Die minoische Kultur gilt als die erste europäische Hochkultur, die von Mitte des 3. Jahrtausends bis ziemlich genau 1450 v. Chr. existierte. Vermutlich war der Vulkanausbruch, der die heutige Form der Insel Santorini bestimmte, maßgeblich mitverantwortlich für den Untergang der Minoer. Der Sommerpalast von Agia Triada wurde erst um 1550 v. Chr. erbaut – deutlich später als die wesentlich bekannteren in Festos und Knossos – jedoch in ähnlicher Bauweise. In den Magazinen lagerten die typischen, mannshohen Pithoi, in denen früher v.a. Wein und Oliven(-öl) gelagert und konserviert wurden. Da wir uns nach Herzenslust frei in dem Areal bewegen durften, war sogar ein kleines Versteckspiel möglich und ein, nicht mehr ganz intaktes, Gefäß wurde zu Svenjas Unterschlupf.


Wie in allen minoischen Palästen waren die Königsgemächer mit dem besten Blick ausgestattet, in diesem Fall aufs Libysche Meer. Eindrucksvoll präsentierte sich uns als Beispiel der damals schon verhältnismäßig fortschrittlichen Technik eine breite Wasserleitung. 


Die bedeutendsten Funde aller Ausgrabungsstätten Kretas werden im Archäologischen Museum in Iraklion aufbewahrt, dem einzigen archäologischen Museum Griechenlands, das zumindest in einem Teilbereich das Athener Museum auszustechen vermag. Von dessen Besichtigung werden wir später berichten, hier schon einmal das wertvollste Fundstück aus Agia Triada, ein mit Totenkultszenen bemalter Sarkophag:


An den Besuch dieser Kultur schlossen wir als Kontrast den Besuch in Matala an. Die Höhlen, die um den Strand herum verstreut im Fels liegen, wurden schon seit der Steinzeit besiedelt. Später folgten Einsiedler-Mönche und in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts dann schließlich Hippies. Sie wurden jedoch von Seiten der Regierung dort vertrieben, die Höhlen unter Denkmalschutz gestellt und eingezäunt. Heute muss man Geld zahlen, um sie zu betreten. 


Wir begnügten uns damit, im Meer die Badesaison bei Sonnenschein ausklingen zu lassen und spazierten nur kurz durch das immer noch von Hippiesymbolen dominierte Dorf. Authentisch wirkte das Ganze nicht auf uns, aber interessant war es allemal zu sehen, dass es erwachsene Menschen gibt, die in ihrem Urlaub nichts Besseres zu tun haben, als kretisches Straßenpflaster mit Elfen, Einhörner und Regenbögen zu bemalen. 


Wir entzogen uns der Aufmerksamkeit der –auch zu dieser Jahreszeit- sehr geschäftstüchtigen Tavernenbesitzer und fanden wenige Kilometer weiter einen ruhigeren und schöneren Strand, der besser für eine Übernachtung geeignet war.


Während ein Brautpaar den Sonnenuntergang als Kulisse für seine Hochzeitsbilder nutzte und Nathan sich um neue Fotos kümmerte, vertiefte ein inzwischen seit geraumer Zeit in Kreta ansässiger Engländer Svenja in eine kleine Konversation. Als Nathan zurückkam, meinte der Rentner in Nathans bärtigem Gesicht einen Griechen und damit den Grund unserer Reise hierher zu erkennen. Damit lag er zwar daneben, aber seither trägt Nathan den Spitznamen Nathanopoulos. Am Morgen darauf warteten wir bei Frühstück und Kartenspiel darauf, dass sich die Sonne „über den Berg“ kämpfte, um sogleich eine kurze Runde zu joggen. Nach einer sehr erfrischenden Stranddusche machten wir uns am frühen Mittag auf den Weg zum Kloster Odigitria, dessen frühere Bedeutung sich in besonders wertvollen Ikonen, verrußten Fresken und einem Wehrturm widerspiegelt.


Danach waren dann wieder die Minoer an der Reihe. Wir erreichten Festos und durften die majestätische Lage oberhalb der Messara-Ebene ganz alleine bewundern.


Zugegeben, ganz allein waren wir dabei nicht, denn eine unglaublich süße Katze spielte unseren Fremdenführer. 


Die große Treppe im Hintergrund, die das markanteste Überbleibsel der Palastanlage darstellt, und vor einer im Verhältnis sehr schmalen Tür endete, gibt Spekulationen Raum, dass es sich bei dieser Anlage um ein Heiligtum und nicht um eine Residenz handelte.
Die Fläche davor und die Sitzreihen auf denen die beiden Protagonisten stehen, gelten als das älteste Theater der Welt.
Wir übernachteten auf dem Parkplatz vor Festos und konnten schon früh am nächsten Morgen in Gortys die nächste alte, wenn auch nicht ganz so alte Stätte betrachten. Gortys hatte seine Blütezeit während der römischen Herrschaft über den gesamten Mittelmeerraum und war in dieser Zeit die Hauptstadt Kretas. Die noch teilweise erhaltene Titus-Basilika ist das wohl auffallendste Gebäude der Anlage,


ein in Altgriechisch verfasster Gesetzestext in der Mauer des Odeons faszinierte uns jedoch ungleich mehr. Dieser Text war vermutlich zu römischer Zeit schon so alt, dass er als historisch wertvoll galt. Er ist alternierend vorwärts und rückwärts geschrieben und behandelt unter anderem die Bedingungen für Ehen zwischen Sklaven und freien Bürgern.


Schon seit einigen Tagen hatten wir steigende Kraftstoffpreise an den Tanksäulen im Vorüberfahren registriert, hatten auch in Erfahrung gebracht, dass zeitweilig streikbedingt die Fährverbindung zum Festland eingestellt worden war, aber erst als wir vormittags einen LIDL betraten, wurde uns klar, was dies wirklich für Auswirkungen hatte. Der Supermarkt war regelrecht leergefegt, es mangelte am Nötigsten. Anscheinend hatte es Hamster-Käufe gegeben, nicht einmal Zucker konnten wir auftreiben.
Nach diesem unbefriedigenden Einkaufserlebnis drangen wir wieder ins Gebirge vor, zwei mit besonderen Fresken geschmückte Kirchen warteten auf unseren Besuch- oder auch nicht. Die erheblich bedeutendere fanden wir verschlossen vor und da wir es inzwischen gewohnt sind, nach Schlüsseln zu fragen, fuhren wir in den nächsten Ort zurück. Dort erfuhren wir, dass der einzige Mönch, der das Kloster Vrontissi noch bewohnt, den Schlüssel verwahre. Die fünf Kilometer bis dort waren schnell absolviert und dieses Kloster hätten wir ohnehin besichtigen wollen. Kaum hatten wir den Innenhof der Anlage betreten und den Mönch, der in Gesellschaft Einheimischer bei Fanta und Keksen saß, begrüßt, da wurde Svenja vom Klosterhund regelrecht besprungen. Er wollte auch partout nicht von ihr ablassen und anstatt zu helfen, hatte Nathan nichts Anderes zu tun, als das Geschehen auch noch auf Fotos zu bannen.


Den Mönch nach dem Schlüssel zu fragen, gestaltete sich erstaunlich schwer, denn bevor wir auch nur festgestellt hatten, ob er des Englischen mächtig war, waren zwei Stühle bereit gestellt, zwei Plastikbecher mit Fanta gefüllt und ein Teller mit Keksen vor uns bereitgestellt. Das Gespräch fand zwar um uns herum statt, doch fühlten wir einmal mehr die griechische Gastfreundschaft, von der sich ein Großteil der Deutschen eine große Scheibe abschneiden sollte. In einem günstigen Moment gelang es uns schließlich nach dem Schlüssel zu fragen und der Mönch teilte uns mit, dass die Kirche, deren Fresken als die wertvollsten Kretas gelten, ausschließlich samstags von 6-9 Uhr im Rahmen eines Gottesdienstes geöffnet sei.
Ein wenig enttäuscht fuhren wir in den Ort Zakos zurück, füllten unsere Wasserreserven mit dem angeblich besten Wasser der Insel und bogen in Richtung Rouwas-Schlucht ab. Der Wanderparkplatz davor lag malerisch an einem Forellenteich und wir fühlten uns direkt heimisch.


Nach einer ruhigen Nacht erwanderten wir die Schlucht,


kehrten zum Auto zurück und genossen einen entspannten Abend in der herrlichen Natur. Schon des Öfteren haben wir die Erfahrung gemacht, dass die zweite Nacht am gleichen Ort nicht so komplikationslos verläuft wie die erste. Das war auch hier der Fall, weil nachts irgendein Schwachkopf im Auto vorfuhr und wie wild (vermutlich mit einer Schreckschusspistole) in Richtung des Sees feuerte und danach wieder hinab ins Dorf fuhr. Wir hatten erst vermutet, er habe auf die zahlreichen Gänse am Ufer geschossen, aber deren neugierige Hälse reckten sich morgens wieder in den Bus, als wir diesen öffneten. Wir brachen gemächlich auf, um ja nicht zu früh beim Gottesdienst anzukommen – es war nämlich Samstag. Doch anscheinend sind wir nicht mehr in der Lage auszuschlafen, wir stießen um halb 8 in der Valsamonero-Kapelle zur betenden Gesellschaft, die uns zwar verwundert anstarrte aber sehr herzlich aufnahm. Selbst ältere Damen machten Svenja Platz auf den wenigen Sitzbänken, die durch einige Plastikstühle ergänzt wurden, die so gar nicht in die einzig von Kerzenlicht erleuchtete Szenerie passten. Auch wenn wir nicht ein Wort verstanden, waren wir wieder einmal fasziniert von der Geschwindigkeit mit der speziell griechische Mönche reden oder singen – der Übergang ist fließend. Nachdem wir uns an den Fresken, die wir einsehen konnten, satt gesehen hatten, verließen wir so unauffällig wie möglich das Gotteshaus. 



Kurz spielten wir mit dem Gedanken eine dritte Nacht am Forellenteich zu verbringen, doch dann siegte die Neugier und wir beschlossen den Küstenabschnitt westlich von Iraklion zu erkunden, den wir bei unserer Ankunft achtlos durchfahren hatten. Zunächst stand Fodele auf dem Plan. Dort soll 1541 ein gewisser Dominikos Theotokopolous das Licht erblickt haben. Ja, der Name ist schwierig auszusprechen, deshalb nannte er sich auch bald El Greco. Sein vermeintliches Geburtshaus steht in Orangenhainen gebettet und war wie so vieles zurzeit verschlossen. Uns blieb nur der Blick auf die kleine Kirche daneben.



Mehr Glück hatten wir beim Moni Savathiana, einem Nonnenkloster mit Fernblick auf Iraklion. 



Ausnahmsweise waren wir während unserer Besichtigung nicht die einzigen Gäste, eine griechische Familie war ebenfalls anwesend. Als wir eigentlich schon auf dem Weg nach draußen waren, wurden wir vom ältesten Mitglied der Familie –einem ca. 75-jährigen Mann- auf deutsch in das Verkaufshäuschen der Nonnen gebeten. Fast vermuteten wir, dass wir nun aus Höflichkeit etwas aus dem Klosterladen kaufen müssten - es wäre nicht das erste Mal gewesen - doch weit gefehlt! Unverhofft waren wir in ein Familienfest zu Ehren eines vor 6 Monaten verstorbenen Bruders einer Nonne geplatzt und wurden trotz des privaten Anlasses dazu gebeten. Es stellte sich heraus, dass vier der fünf anwesenden Familienmitglieder deutsch sprachen und sich sehr für unsere Reiseform interessierten. Wir bekamen Kaffee und in Zucker eingelegte Quitte (griechische Gastfreundschaftsgeste) serviert und so manches vom griechischen Alltag erzählt. Als nach einer Stunde die Glocken den Trauergottesdienst einläuteten, war es für uns an der Zeit die Trauergemeinschaft zu verlassen, nicht ohne mit den besten Wünschen und warmen Umarmungen verabschiedet zu werden. Wir nutzten die Gelegenheit und übernachteten direkt vor dem Kloster, nur das Abschiedshupen unserer neuen Freunde schreckte uns noch einmal auf.
Und dann kam der Tag des Wiedersehens, Svenjas Eltern hatten sich ein zweites Mal angekündigt und sollten heute in Iraklion landen. Wir nutzten die erste Hälfte des Tages um uns einen ersten Eindruck der kretischen Hauptstadt zu verschaffen. Bei unserer morgendlichen Ankunft fanden wir die Stadt nahezu verwaist vor. Wir parkten zentral und wanderten zum Ikonenmuseum, doch auch hier standen wir vor verschlossenen Toren. Nur aus den Lautsprechern der Kathedrale tönte die Stimme des Priesters. Auf dem Rückweg zum Auto kamen uns dann doch noch Menschen entgegen, anscheinend fand ein Stadtlauf statt. Aber wer erwartet, dass die Griechen für so eine Lappalie Straßen sperren, der irrt. 



Ein kurzes Frühstück im Schlumpf später, änderte sich das Straßenbild allmählich. Die Geschäfte öffneten, die Parkplätze füllten sich und als wir abermals die Eingangspforte des Ikonenmuseum überprüften, fanden wir sie geöffnet vor. Herzstück der Sammlung sind sechs Ikonen von Damaskinos.

passend zur Weihnachtszeit...
Nach unserer Rückkehr zum Auto fanden wir uns mitten im vorweihnachtlichen Trubel wieder.


Danach durchwanderten wir den südlichen Part der Innenstadt und machten uns dann auf den Weg zum Flughafen, an dem wir pünktlich um 17 Uhr auf Svenjas Eltern warteten...