Donnerstag, 22. Dezember 2016

Die früheste europäische Hochkultur und hoher Besuch aus der Heimat

Auf dem Weg zur Mitte Kretas hielten wir noch kurz an diesem eigenwilligen Brunnen in Spili


und kamen schon bald nach Agia Triada, unserem ersten minoischen Ausgrabungsfeld. 
Die minoische Kultur gilt als die erste europäische Hochkultur, die von Mitte des 3. Jahrtausends bis ziemlich genau 1450 v. Chr. existierte. Vermutlich war der Vulkanausbruch, der die heutige Form der Insel Santorini bestimmte, maßgeblich mitverantwortlich für den Untergang der Minoer. Der Sommerpalast von Agia Triada wurde erst um 1550 v. Chr. erbaut – deutlich später als die wesentlich bekannteren in Festos und Knossos – jedoch in ähnlicher Bauweise. In den Magazinen lagerten die typischen, mannshohen Pithoi, in denen früher v.a. Wein und Oliven(-öl) gelagert und konserviert wurden. Da wir uns nach Herzenslust frei in dem Areal bewegen durften, war sogar ein kleines Versteckspiel möglich und ein, nicht mehr ganz intaktes, Gefäß wurde zu Svenjas Unterschlupf.


Wie in allen minoischen Palästen waren die Königsgemächer mit dem besten Blick ausgestattet, in diesem Fall aufs Libysche Meer. Eindrucksvoll präsentierte sich uns als Beispiel der damals schon verhältnismäßig fortschrittlichen Technik eine breite Wasserleitung. 


Die bedeutendsten Funde aller Ausgrabungsstätten Kretas werden im Archäologischen Museum in Iraklion aufbewahrt, dem einzigen archäologischen Museum Griechenlands, das zumindest in einem Teilbereich das Athener Museum auszustechen vermag. Von dessen Besichtigung werden wir später berichten, hier schon einmal das wertvollste Fundstück aus Agia Triada, ein mit Totenkultszenen bemalter Sarkophag:


An den Besuch dieser Kultur schlossen wir als Kontrast den Besuch in Matala an. Die Höhlen, die um den Strand herum verstreut im Fels liegen, wurden schon seit der Steinzeit besiedelt. Später folgten Einsiedler-Mönche und in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts dann schließlich Hippies. Sie wurden jedoch von Seiten der Regierung dort vertrieben, die Höhlen unter Denkmalschutz gestellt und eingezäunt. Heute muss man Geld zahlen, um sie zu betreten. 


Wir begnügten uns damit, im Meer die Badesaison bei Sonnenschein ausklingen zu lassen und spazierten nur kurz durch das immer noch von Hippiesymbolen dominierte Dorf. Authentisch wirkte das Ganze nicht auf uns, aber interessant war es allemal zu sehen, dass es erwachsene Menschen gibt, die in ihrem Urlaub nichts Besseres zu tun haben, als kretisches Straßenpflaster mit Elfen, Einhörner und Regenbögen zu bemalen. 


Wir entzogen uns der Aufmerksamkeit der –auch zu dieser Jahreszeit- sehr geschäftstüchtigen Tavernenbesitzer und fanden wenige Kilometer weiter einen ruhigeren und schöneren Strand, der besser für eine Übernachtung geeignet war.


Während ein Brautpaar den Sonnenuntergang als Kulisse für seine Hochzeitsbilder nutzte und Nathan sich um neue Fotos kümmerte, vertiefte ein inzwischen seit geraumer Zeit in Kreta ansässiger Engländer Svenja in eine kleine Konversation. Als Nathan zurückkam, meinte der Rentner in Nathans bärtigem Gesicht einen Griechen und damit den Grund unserer Reise hierher zu erkennen. Damit lag er zwar daneben, aber seither trägt Nathan den Spitznamen Nathanopoulos. Am Morgen darauf warteten wir bei Frühstück und Kartenspiel darauf, dass sich die Sonne „über den Berg“ kämpfte, um sogleich eine kurze Runde zu joggen. Nach einer sehr erfrischenden Stranddusche machten wir uns am frühen Mittag auf den Weg zum Kloster Odigitria, dessen frühere Bedeutung sich in besonders wertvollen Ikonen, verrußten Fresken und einem Wehrturm widerspiegelt.


Danach waren dann wieder die Minoer an der Reihe. Wir erreichten Festos und durften die majestätische Lage oberhalb der Messara-Ebene ganz alleine bewundern.


Zugegeben, ganz allein waren wir dabei nicht, denn eine unglaublich süße Katze spielte unseren Fremdenführer. 


Die große Treppe im Hintergrund, die das markanteste Überbleibsel der Palastanlage darstellt, und vor einer im Verhältnis sehr schmalen Tür endete, gibt Spekulationen Raum, dass es sich bei dieser Anlage um ein Heiligtum und nicht um eine Residenz handelte.
Die Fläche davor und die Sitzreihen auf denen die beiden Protagonisten stehen, gelten als das älteste Theater der Welt.
Wir übernachteten auf dem Parkplatz vor Festos und konnten schon früh am nächsten Morgen in Gortys die nächste alte, wenn auch nicht ganz so alte Stätte betrachten. Gortys hatte seine Blütezeit während der römischen Herrschaft über den gesamten Mittelmeerraum und war in dieser Zeit die Hauptstadt Kretas. Die noch teilweise erhaltene Titus-Basilika ist das wohl auffallendste Gebäude der Anlage,


ein in Altgriechisch verfasster Gesetzestext in der Mauer des Odeons faszinierte uns jedoch ungleich mehr. Dieser Text war vermutlich zu römischer Zeit schon so alt, dass er als historisch wertvoll galt. Er ist alternierend vorwärts und rückwärts geschrieben und behandelt unter anderem die Bedingungen für Ehen zwischen Sklaven und freien Bürgern.


Schon seit einigen Tagen hatten wir steigende Kraftstoffpreise an den Tanksäulen im Vorüberfahren registriert, hatten auch in Erfahrung gebracht, dass zeitweilig streikbedingt die Fährverbindung zum Festland eingestellt worden war, aber erst als wir vormittags einen LIDL betraten, wurde uns klar, was dies wirklich für Auswirkungen hatte. Der Supermarkt war regelrecht leergefegt, es mangelte am Nötigsten. Anscheinend hatte es Hamster-Käufe gegeben, nicht einmal Zucker konnten wir auftreiben.
Nach diesem unbefriedigenden Einkaufserlebnis drangen wir wieder ins Gebirge vor, zwei mit besonderen Fresken geschmückte Kirchen warteten auf unseren Besuch- oder auch nicht. Die erheblich bedeutendere fanden wir verschlossen vor und da wir es inzwischen gewohnt sind, nach Schlüsseln zu fragen, fuhren wir in den nächsten Ort zurück. Dort erfuhren wir, dass der einzige Mönch, der das Kloster Vrontissi noch bewohnt, den Schlüssel verwahre. Die fünf Kilometer bis dort waren schnell absolviert und dieses Kloster hätten wir ohnehin besichtigen wollen. Kaum hatten wir den Innenhof der Anlage betreten und den Mönch, der in Gesellschaft Einheimischer bei Fanta und Keksen saß, begrüßt, da wurde Svenja vom Klosterhund regelrecht besprungen. Er wollte auch partout nicht von ihr ablassen und anstatt zu helfen, hatte Nathan nichts Anderes zu tun, als das Geschehen auch noch auf Fotos zu bannen.


Den Mönch nach dem Schlüssel zu fragen, gestaltete sich erstaunlich schwer, denn bevor wir auch nur festgestellt hatten, ob er des Englischen mächtig war, waren zwei Stühle bereit gestellt, zwei Plastikbecher mit Fanta gefüllt und ein Teller mit Keksen vor uns bereitgestellt. Das Gespräch fand zwar um uns herum statt, doch fühlten wir einmal mehr die griechische Gastfreundschaft, von der sich ein Großteil der Deutschen eine große Scheibe abschneiden sollte. In einem günstigen Moment gelang es uns schließlich nach dem Schlüssel zu fragen und der Mönch teilte uns mit, dass die Kirche, deren Fresken als die wertvollsten Kretas gelten, ausschließlich samstags von 6-9 Uhr im Rahmen eines Gottesdienstes geöffnet sei.
Ein wenig enttäuscht fuhren wir in den Ort Zakos zurück, füllten unsere Wasserreserven mit dem angeblich besten Wasser der Insel und bogen in Richtung Rouwas-Schlucht ab. Der Wanderparkplatz davor lag malerisch an einem Forellenteich und wir fühlten uns direkt heimisch.


Nach einer ruhigen Nacht erwanderten wir die Schlucht,


kehrten zum Auto zurück und genossen einen entspannten Abend in der herrlichen Natur. Schon des Öfteren haben wir die Erfahrung gemacht, dass die zweite Nacht am gleichen Ort nicht so komplikationslos verläuft wie die erste. Das war auch hier der Fall, weil nachts irgendein Schwachkopf im Auto vorfuhr und wie wild (vermutlich mit einer Schreckschusspistole) in Richtung des Sees feuerte und danach wieder hinab ins Dorf fuhr. Wir hatten erst vermutet, er habe auf die zahlreichen Gänse am Ufer geschossen, aber deren neugierige Hälse reckten sich morgens wieder in den Bus, als wir diesen öffneten. Wir brachen gemächlich auf, um ja nicht zu früh beim Gottesdienst anzukommen – es war nämlich Samstag. Doch anscheinend sind wir nicht mehr in der Lage auszuschlafen, wir stießen um halb 8 in der Valsamonero-Kapelle zur betenden Gesellschaft, die uns zwar verwundert anstarrte aber sehr herzlich aufnahm. Selbst ältere Damen machten Svenja Platz auf den wenigen Sitzbänken, die durch einige Plastikstühle ergänzt wurden, die so gar nicht in die einzig von Kerzenlicht erleuchtete Szenerie passten. Auch wenn wir nicht ein Wort verstanden, waren wir wieder einmal fasziniert von der Geschwindigkeit mit der speziell griechische Mönche reden oder singen – der Übergang ist fließend. Nachdem wir uns an den Fresken, die wir einsehen konnten, satt gesehen hatten, verließen wir so unauffällig wie möglich das Gotteshaus. 



Kurz spielten wir mit dem Gedanken eine dritte Nacht am Forellenteich zu verbringen, doch dann siegte die Neugier und wir beschlossen den Küstenabschnitt westlich von Iraklion zu erkunden, den wir bei unserer Ankunft achtlos durchfahren hatten. Zunächst stand Fodele auf dem Plan. Dort soll 1541 ein gewisser Dominikos Theotokopolous das Licht erblickt haben. Ja, der Name ist schwierig auszusprechen, deshalb nannte er sich auch bald El Greco. Sein vermeintliches Geburtshaus steht in Orangenhainen gebettet und war wie so vieles zurzeit verschlossen. Uns blieb nur der Blick auf die kleine Kirche daneben.



Mehr Glück hatten wir beim Moni Savathiana, einem Nonnenkloster mit Fernblick auf Iraklion. 



Ausnahmsweise waren wir während unserer Besichtigung nicht die einzigen Gäste, eine griechische Familie war ebenfalls anwesend. Als wir eigentlich schon auf dem Weg nach draußen waren, wurden wir vom ältesten Mitglied der Familie –einem ca. 75-jährigen Mann- auf deutsch in das Verkaufshäuschen der Nonnen gebeten. Fast vermuteten wir, dass wir nun aus Höflichkeit etwas aus dem Klosterladen kaufen müssten - es wäre nicht das erste Mal gewesen - doch weit gefehlt! Unverhofft waren wir in ein Familienfest zu Ehren eines vor 6 Monaten verstorbenen Bruders einer Nonne geplatzt und wurden trotz des privaten Anlasses dazu gebeten. Es stellte sich heraus, dass vier der fünf anwesenden Familienmitglieder deutsch sprachen und sich sehr für unsere Reiseform interessierten. Wir bekamen Kaffee und in Zucker eingelegte Quitte (griechische Gastfreundschaftsgeste) serviert und so manches vom griechischen Alltag erzählt. Als nach einer Stunde die Glocken den Trauergottesdienst einläuteten, war es für uns an der Zeit die Trauergemeinschaft zu verlassen, nicht ohne mit den besten Wünschen und warmen Umarmungen verabschiedet zu werden. Wir nutzten die Gelegenheit und übernachteten direkt vor dem Kloster, nur das Abschiedshupen unserer neuen Freunde schreckte uns noch einmal auf.
Und dann kam der Tag des Wiedersehens, Svenjas Eltern hatten sich ein zweites Mal angekündigt und sollten heute in Iraklion landen. Wir nutzten die erste Hälfte des Tages um uns einen ersten Eindruck der kretischen Hauptstadt zu verschaffen. Bei unserer morgendlichen Ankunft fanden wir die Stadt nahezu verwaist vor. Wir parkten zentral und wanderten zum Ikonenmuseum, doch auch hier standen wir vor verschlossenen Toren. Nur aus den Lautsprechern der Kathedrale tönte die Stimme des Priesters. Auf dem Rückweg zum Auto kamen uns dann doch noch Menschen entgegen, anscheinend fand ein Stadtlauf statt. Aber wer erwartet, dass die Griechen für so eine Lappalie Straßen sperren, der irrt. 



Ein kurzes Frühstück im Schlumpf später, änderte sich das Straßenbild allmählich. Die Geschäfte öffneten, die Parkplätze füllten sich und als wir abermals die Eingangspforte des Ikonenmuseum überprüften, fanden wir sie geöffnet vor. Herzstück der Sammlung sind sechs Ikonen von Damaskinos.

passend zur Weihnachtszeit...
Nach unserer Rückkehr zum Auto fanden wir uns mitten im vorweihnachtlichen Trubel wieder.


Danach durchwanderten wir den südlichen Part der Innenstadt und machten uns dann auf den Weg zum Flughafen, an dem wir pünktlich um 17 Uhr auf Svenjas Eltern warteten...

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