Vielleicht wollte uns
der Gauner einfach nur den Abschied von der Peloponnes etwas leichter machen.
Was er genau vorhatte, bleibt ein Rätsel. Wir mussten schlafarm und schweren Herzens, diese
traumhaft schöne Halbinsel nun über Korinth verlassen. Dort nahmen wir die beim
letzten Besuch noch nicht gesehene Senkbrücke am nordwestlichen Ende des
Isthmus, schwenkten bald darauf weg von der Küste in den bergigen Westen, wo
wir in Porto Germeno die ersehnte Ruhe und Einsamkeit fanden, nach der uns an
diesem Tag zumute war.
Wir mussten einfach raus aus der stressigen rollenden
Blechlawine, dem ersten Vorboten des gar nicht mehr weit entfernten Athens. Vor
allem die knöchelhohen Gleise der uralten unbenutzten Bahnübergänge ließen an
diesem Tag nur die besondere griechische unorthodoxe Fahrweise zu, die sich
durch den Wechsel von abruptem Bremsen und Beschleunigen auszeichnet. In
Deutschland findet man solche Vorkriegsrelikte allenfalls noch auf eingezäunten und vergessenen ehemaligen Güterbahnhöfen. Selbst in Albanien waren zwar die Brückenbauer nicht
die genauesten, aber immerhin gab es dort auf unserem Weg nicht so viele unnötige Gleise. Schlumpfi meisterte die Hürden als würde er darüber schweben, uns
scheint fast als hätte er seit dem Eierstrand ohnehin seine durch eine rosarote
Brille blitzenden Scheinwerfer mehr neben als auf der Straße- zum Beispiel bei
diesem hübschen Kulleraugen-Hippie-Bus.
In Porto Germeno angekommen, fanden wir
neben der Festung mitten im Olivenfeld ein lauschiges Plätzchen, von wo aus wir
binnen weniger Minuten das kleine Dorf erkundet hatten. Außer zwei
Renovierungsarbeitern an der Festung, einem Kioskbesitzer und zwei Personen in
einer Taverne und einem Café lag das Dorf wie ausgestorben vor uns. Wir nutzten das öffentliche WLAN, tranken
einen Cappuccino mit Meerblick und legten uns sehr früh schlafen. Noch bevor
der erste Hahn krähte, befanden wir uns schon auf dem Weg nach Eleusina. Dort
begutachteten wir die Reste des Demeter-Heiligtums, in dem in der Antike die
eleusinischen Mysterien gefeiert wurden.
Wie genau die Kultfeiern damals
abliefen, lässt sich wegen der Schweigepflicht, die den Teilnehmern auferlegt
wurde, nicht genau sagen. Unsere Vermutung ist jedoch, dass man sich damals dort zum
Legospielen traf.
Der heilige Zeremonienweg der Antike hat sich in eine
Schnellstraße verwandelt und führt am Kloster Dafni vorbei, das wir leider
verschlossen vorfanden. Also ging es weiter in Richtung Piräus, um an
Griechenlands größtem Hafen Planungssicherheit zu erlangen. Auf dem Weg dorthin
wühlten wir uns durch dichtesten Großstadtverkehr. Dessen Athener Variante
besteht aus eben noch fahrenden, plötzlich warnblinkenden und stehenden Autos,
die von drei Fahrspuren nicht selten nur eine frei lassen, aus Krankenwagen mit
Blaulicht, die im logischerweise auf dieser einen Fahrspur entstehenden Stau stecken
bleiben und vor allem aus dermaßen vielen Motorrad- und Vespafahrern ohne
Kopfbedeckung, dass wir uns fragten, ob es nicht sinnvoll sei die nächsten
EU-Millionen in Motorradhelme zu investieren, die dann unter der Athener
Bevölkerung verteilt werden. Angesichts der winterlichen Fährverbindungen
entschlossen wir uns, nur Kreta
anzusteuern. Vorher aber wollten wir zur genaueren Kalkulation des
Rückfahrt-Termins das Athener Umland unter die Lupe nehmen. Unser Tatendrang ließ
uns noch am selben Tag den 50 km entfernten Poseidontempel am Kap Souron
aufsuchen, in dessen Nähe wir übernachteten.
Am dritten Tag in Attika widmeten
wir uns dem Artemis-Tempel von Brauron und dessen Museum mit den Statuen der
"Bärenmädchen".
Die im Artemis-Tempel erzogenen Mädchen hießen so, weil die Göttin Artemis durch eine Bärin verkörpert wurde.
Doch damit war unser Tagwerk noch nicht vollbracht.
Schließlich wollte der Marathoni noch nach Marathon. Nach einem kurzen Besuch
beim Grabhügel der 490 v. Chr. in der Schlacht um Marathon gefallenen Athener,
erweiterten wir unseren Horizont durch einen Besuch im örtlichen
archäologischen Museum. Im Anschluss daran versuchte sich Nathan trotz längerer
Trainingspause an der klassischen Marathonstrecke, die heute durchgehend als
Schnellstraße ausgebaut ist.
Sehr weit kam er dabei freilich nicht, doch der
blaue Besenwagen machte es besser und lag bei Kilometer 30 trotz zahlreicher
roter Ampeln auf Weltrekordkurs. Ein plötzliches "Links abbiegen!"
vom Beifahrersitz beendete den Rekordversuch abrupt und führte uns zurück zum
Hafen von Piräus. Dort erwarben wir unsere Fahrscheine für die Fähre nach Kreta
und erfuhren, dass die Fähre statt, wie gewöhnlich, um 21 Uhr aufgrund eines
Streiks erst um Mitternacht ablegen würde. Nach einer endlos erscheinenden Wartezeit von knapp 8 Stunden rollten wir schließlich auf die Fähre, auf der wir hektisch von allen Seiten in
griechischer Sprache angeschrien wurden, bis schließlich ein des Deutschen
mächtiger Einparkhelfer sich unserer erbarmte. Sehr zu unserem Leidwesen
erlaubten die Regularien der Fähre kein "Camping on Bord", sodass wir
die zweite Nacht auf dieser Tour außerhalb des Schlumpfs übernachten mussten.
Viel Schlaf fanden wir nicht, gemeinsam kamen wir auf ganze drei Stunden
Dös-Zustand auf dem Teppichboden der Bordbar, von denen ganze null Stunden auf Nathan
entfielen. Trotzdem bewerkstelligte er um 9 Uhr morgens das millimetergenaue
Ausrangieren des Schlumpfs und so hatten wir alsbald wieder festes Land unter
den Rädern.
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