Freitag, 4. November 2016

Durch die griechischen Berge

So wie wir Griechenland zwei Wochen zuvor etwas wehmütig verlassen hatten, so verließen wir nun Albanien mit einem lachenden –Griechenland zugewandten- und einem weinenden Auge. Die Grenzkontrolle fiel intensiver aus als erwartet, sogar der Unterboden des Schlumpfs wurde unter die Lupe genommen. Zunächst leiteten uns Wander- und Radfahrlust in das Pindos-Gebirge im Nordwesten Griechenlands.
Unsere erste Unternehmung war eine kleine aber sehr rutschige Wanderung entlang des Rogovo-Baches bis zu einem kleinen Wasserfall und wieder zurück. 


Im Sommer soll man hier unglaublich toll baden können, wir fanden das entsprechende Staubecken leider geöffnet vor und mussten von diesem Gedanken Abschied nehmen. Wir suchten uns einen gemütlichen Platz direkt neben einem kleinen Brunnen mit Blick auf die Bergwelt, die uns am nächsten Tag erwarten sollte. 



Nachmittags gönnte sich Nathan mit dem Rad noch dieses Passstraßen-Bonbon der Extraklasse und erhaschte schon einen ersten Blick auf die Vikosschlucht, während Svenja Sonne und Wasser zum waschen nutzte und sich mit vorbeifahrenden Touristen unterhielt.


Es folgte ein „Powertag“. Wir parkten den Wagen in Mikro Papigo und stiefelten von dort aus los in die Berge. Die Sonne kletterte erst über die neben uns aufgetürmte Bergwand, als wir schon fast den Bergsattel erreicht hatten und wir genossen ein zweites Frühstück in der Wärme. Danach ging es noch etwas mehr als eine Stunde bergab und wieder bergauf, bis wir mittags den idyllisch gelegenen Drakolimni (Drachensee) erreichten, dessen Name durchaus auf die riesige Anzahl Bergmolche, die sich hier tummelt, zurückgehen könnte.



Wir rasteten abermals und genossen die mitgebrachten Nudeln, die Ruhe, den Sonnenschein und die Höhenluft. Hinter dem See bricht die Wiese, die ihr im Hintergrund des Bildes sehen könnt, plötzlich ab und so standen wir direkt oberhalb der Aoos-Schlucht, die sich viele hundert Meter unter uns erstreckte. Es ist dies eine vom Menschen noch fast unberührte Landschaft, in der noch geschätzte 40 Bären ihren Lebensraum haben. Nach 7 Stunden des Marschierens erreichten wir den treuen Schlumpf und legten noch eine Badepause am eiskalten Voidomatis ein.



Etwas schmunzelnd lasen wir erst danach im Reiseführer, dass dessen Autoren –im Hochsommer- anscheinend mit "blau angelaufenen Füßen" nach wenigen Sekunden den Rückzug angetreten hatten. Weiter ging es durch kleine, verspielte Dörfer und später durch Felsformationen, die wie Blätterteig übereinander geschichtet waren zum Vikos-Balkon mit traumhaftem Blick auf die knapp 1 km tiefe Schlucht.




In der Nähe parkten wir auf einem großen Feld, das wir tagsüber mit 10 weidenden Kühen, nachts mit ca. 20-30 Wildschweinen teilten, die grunzend und wühlend am Auto vorbeizogen.
(@ Herbert: Dagegen war das nächtliche Gegrunze auf Cres leise Einschlafmusik.)
Nach dem Aufwachen rollten wir einige Kilometer hinab nach Monodendri, einem typischen Zagoria-Dorf, das an diesem Tag allerdings mehr Touristen fasste, als wir erwartet hatten. Wir verließen den Ort zu Fuß in Richtung Vikos-Schlucht und gelangten nach 500 m zum Kloster Agios Paraskevi, das hauptsächlich aufgrund einer Aussichtsplattform mit wunderbarem Blick in die Schlucht sehenswert ist und sich durch den Verkauf von Holzikonen zu finanzieren scheint. Des Weiteren beginnt direkt hinter dem Klosterinnenhof ein kleiner Trampelpfad, der sogenannte Zitterpfad, von dem wir euch ein kleines Video präsentieren können.


Den größten Teil des restlichen Tages verbrachte Nathan im Radsattel und Svenja in einem Café im hübschen Zentrum des Ortes. Nach Nathans Rückkehr ging es noch ein wenig weiter in Richtung Kipi. An der Straße dorthin liegen nämlich die schönsten Steinbrücken der Region, die hauptsächlich zur Zeit der türkischen Besatzung entstanden. Nur kurz vor der ersten davon stellten wir uns in eine geräumige Haltebucht und fielen in einen nicht lange währenden Schlaf, nachdem wir eine -zu den umliegenden Felsformationen passende- von Svenja improvisierte Dutch-Oven-Lasagne verspeist hatten.
Er währte nicht lange, weil wenig später das Auto begann zu schaukeln, als würde jemand von außen versuchen, es zum Kippen zu bringen. Nur hätte 1 Person allein so viel Kraft kaum aufbringen können. Wäre es hingegen ein großes Tier wie z.B. ein Bär oder ein Wildschwein gewesen, hätte man einen Aufprall wahrnehmen können müssen und das Ganze wäre nicht so koordiniert abgelaufen. Svenja hätte vermutlich sogar friedlich weiter geschlafen, wenn Nathan sie nicht geweckt hätte. Gespannt lagen wir also da, horchten was draußen vor sich ging und spähten durch Ritzen hinaus. Die Minuten verstrichen und nichts passierte. Sollte es doch der Wind gewesen sein? Aber das hätte man doch hören müssen. Wie auch immer, wir versuchten weiter zu schlafen. Das Procedere wiederholte sich in dieser Nacht noch einige Male, wenngleich nicht mehr so stark wie beim ersten Mal und langsam kam uns des Rätsels Lösung in den Sinn: So musste sich also ein Erdbeben anfühlen. In den folgenden Tagen verstärkte sich diese Vermutung durch viele, teilweise riesige Felsbrocken, die auf den Straßen zum Liegen gekommen waren. Gewissheit bekamen wir durch eine Internet-Recherche drei Tage später. Ein Beben der Stärke 5,5 auf der Richterskala hatte sein Epizentrum ca. 30-40 km von uns entfernt gehabt; verletzt wurde zum Glück niemand, aber einige leerstehende Häuser waren eingestürzt und einige Dorfgemeinschaften hatten im Freien übernachtet, wohl auch zahlreiche Touristen auf Korfu, wo das Beben ebenfalls zu spüren gewesen war.
Noch immer daran knobelnd, was uns da tatsächlich den Schlaf geraubt hatte, hüpften wir morgens auf vier verschiedenen Steinbrücken herum; eine fotogener als die andere und jede hatte das Beben unbeschadet überstanden.



Unsere bisherige Reise nicht ganz so unbeschadet überstanden hatte leider die Blendenmechanik unserer Spiegelreflex-Kamera. Anfangs entstanden nur vereinzelt unterbelichtete bzw. komplett schwarze Bilder, der Fehler verschlimmerte sich aber stetig und an diesem Morgen gelang es uns erstmals gar nicht, die Kamera zu „wecken“. Immer seltener war es in der Folge überhaupt möglich damit zu fotografieren; inzwischen haben wir für Ersatz sorgen müssen. Nachdem wir also die ottomanische Brückenbaukunst ausreichend begutachtet hatten, ging es weiter nach Ioannina am Pambotissee. Die Stadt ist eng mit dem Namen Ali Pasha verknüpft, der im frühen 19. Jh. in Epirus herrschte, dessen Hauptstadt Ioannina damals war. Seine Ruhestätte liegt direkt vor dieser kleinen Moschee auf dem Burgberg, auf dem man gebündelt die gesamte kleine historisch interessante Komponente der Stadt findet.


Den archäologischen Höhepunkt der Region begutachteten wir ein paar Kilometer südlich in Dodona. Einst eine bedeutende Orakelstätte, steht heute kaum mehr als das Amphitheater. 


Wir machten ein erstes Mal Bekanntschaft mit den unangemessen hohen Eintrittspreisen an antiken griechischen Stätten, die wir erfreulicherweise mit unseren Studi-Tickets umgehen konnten und können. Danach ging es weiter in die Berge- der höchste Pass Griechenlands lockte uns mit einer kaum befahrenen gut ausgebauten –aber vom Erdbeben mitgenommenen- Straße in die Höhe. 


Zuvor ruhten wir auf einem abgelegenen Panoramaparkplatz, von dem wir bis nach Ioannina zurück blicken konnten. Am nächsten Morgen ging es auf 6 Rädern hinauf zum Baros-Pass. In dieser Region sind die Berge immer wieder durch tiefe Schluchten voneinander getrennt, was die Straßenführung und Instandhaltung zur Herausforderung werden lässt. Kaum jemand kam entgegen und wenn dann wurde freudig gehupt, vom Straßenrand angefeuert oder auf den richtigen Weg gezeigt. Die Menschen in den Bergen haben uns sehr herzlich empfangen und wir waren dort fernab von „touristisch verseuchtem Gebiet“. Nathan bezwang den steilen und spektakulären Pass


und wir genossen im Konvoi die traumhafte Abfahrt, die uns ein wenig an den Durmitor-Pass in Montenegro erinnerte.


Wir suchten uns einen der vielen schönen Stellplätze aus, von dem aus wir am nächsten Morgen zur langwierigen Anfahrt nach Kalambaka starteten. Kalambaka ist der Ort am Fuße der Gebirgsformationen, die von den spektakulären Meteora-Klöstern gekrönt werden. Wir nutzten den Rest des Tages für Organisations- und Blogarbeiten. Letztgenannte zwangen die Autobatterie ein erstes Mal in die Knie, aber schon der erste Grieche der (zu Fuß) unseres Weges kam, erklärte sich ohne Diskussion dazu bereit sein Auto zu holen und leistete uns Starthilfe, sodass wir es bis zur Panoramastraße schafften, an der wir einen offiziellen Stellplatz ausgespäht hatten.
Die Panoramastraße, die die Klöster miteinander verbindet, ist als Schleife angelegt und bietet immer wieder aufs Neue grandiose Blicke ins Tal, auf die Monolithfelsen und die 6 Klöster, die bis heute überdauert haben.


In früheren Zeiten soll nahezu auf jedem der Felsen ein Kloster gestanden haben, viele davon sind heute allenfalls als Ruinen zu erkennen. Wir begnügten uns damit das namensgebende Kloster Meteora (übersetzt: das Schwebende) und das auf dem gegenüber liegenden Felsen thronende Kloster Varlaám von innen zu besichtigen.

Varlaam von unten...
...und von oben
Ganz besonders gefiel uns der 40 Meter überwindende –früher, als es noch keine Treppe gab, auch für Personen genutzte- Seilzug, der bei unserem Besuch für den Transport von Baumaterial eingesetzt wurde. 


Die Klöster beherbergen etliche Kirchenschätze, die in kleinen Museen ausgestellt sind. Dass Nathans Bart aufgrund des abhanden gekommenen Rasierers griechische (aber noch lange nicht Mönchs-) Länge erreicht hatte und wir gemeinsam mit einem jungen griechischen Pärchen den Eingang des ersten Klosters noch vor der eigentlichen Einlasszeit passierten, ersparte uns den Eintritt. Es fiel uns dieses Mal ganz besonders schwer zwischen den vielen schönen Fotoperspektiven eine Auswahl zu treffen- ein Favorit ist dieses Bild vom Nonnenkloster Roussanou, das seinen Felsen ganz besonders schön ziert:



Doch dieser für uns ganz besondere Tag war noch lange nicht zu Ende: Wir fuhren im Anschluss noch gut 200 km nach Igoumenitsa. So lange wir zuvor hin und her überlegt hatten, ob wir mit oder ohne Schlumpf, für einen Tag oder für länger, auf Korfu übersetzen sollten, so schnell entschlossen waren wir, als wir müde 5 Minuten vor Abfahrt der Fähre am Hafen ankamen- die Entscheidung den Schlumpf mitzunehmen stellte sich im Nachhinein als goldrichtig heraus. Warum, werdet ihr im nächsten Blog erfahren! 

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