Freitag, 25. November 2016

Argolien-Rundfahrt

Am nächsten Morgen hatte Svenja es mit dem Aufwachen besonders eilig. Um den Schlafmangel etwas auszugleichen, gönnten wir uns eine belebende, eiskalte Dusche aus dem Wasserschlauch der nahen Kirche. Kaum waren wir fertig, erschien ein Kirchendiener und inspizierte die Szenerie. Was er wohl zu nackten, duschenden Personen direkt hinter seiner Kirche gesagt hätte? So beließ er es bei einem skeptischen Blick und fuhr wieder von dannen. Wir taten es ihm gleich und gelangten schon bald nach Argos. Dort fanden wir die antike Ausgrabungsstätte schon vor der eigentlichen Einlasszeit geöffnet vor. 


Die Reste des ehemaligen Amphitheaters, des Odeions, der Thermen und was darüber hinaus von der alten Stadt erhalten geblieben ist, sind nach allen Seiten von modernen Bauten umringt. Man muss sich fast fragen, wann die ersten Wohnhäuser auf das Ausgrabungsgelände gebaut werden. Hoch über der Stadt steht die Festung Larissa, in der Svenja ganz schön verloren wirkte.


Da Mykene nur wenige Kilometer weiter nördlich liegt, gelang es uns noch vor den Reisebusgruppen dort einzutreffen. 



Fast alleine waren wir, als wir durch das berühmte Löwentor in die Stadt eintraten, die Heinrich Schliemann so berühmt gemacht hat.


Hier fand er die Totenmaske des Agamemnon und weitere archäologische Sensationen, die allerdings alle in Athen verwahrt werden, das mykener Museum ist verhältnismäßig karg ausgestattet. Auf unserem Rückweg zum Auto war es dann mit der Einsamkeit vorbei. Inzwischen strömten die Insassen von sechs Reisebussen am Kassenhäuschen vorbei. Von Anfang November bis Ende Februar sind griechische antike Stätten sonntags nämlich kostenlos zugänglich. Ob davon die Reiseunternehmen oder deren Kunden profitieren, vermögen wir nicht zu sagen, wohl aber, dass diese Tatsache für einiges Gedränge auch außerhalb der Saison sorgt. Etwas abseits der eigentlichen Hauptausgrabungsstätte fanden wir die Schatzkammer des Atreus, deren Akustik wir euch in einem kleinen Video demonstrieren wollen:



Zurück im modernen Mykene, sprach uns gegenüber dem Hotel „Belle Helene“, in dem Schliemann während der Ausgrabungen residiert hat, ein Keramikgeschäft an und wir besorgten uns ein paar Souvenirs.
Unsere Fahrt nach Korinth unterbrachen wir noch genau einmal, um in Nemea den Ort zu besichtigen, an dem Herakles den nemeischen Löwen besiegt haben soll. Doch wir fanden sowohl die antike Stätte wie auch das Stadion wegen Personalmangels geschlossen vor. Immerhin gelang uns noch ein Schnappschuss über den Zaun. 



Gegen Nachmittag erreichten wir Akrokorinth; den Parkplatz vor dem Eingang nutzten wir kurzerhand als Schlafplatz, sodass wir morgens schon mit den Hufen scharrend vor dem Eingangstor auf die Mitarbeiter warten konnten.



So war es natürlich kein Wunder, dass wir völlig allein waren. Aus der geplanten kurzen Besichtigung wurde eine 90-minütige Wanderung, bis wir auch die hinterletzte Ecke der 3 Verteidigungssektoren aufweisenden Burganlage gesehen hatten. Sogar ein Blick auf den Kanal von Korinth war möglich, wenngleich eher schemenhaft. Beeindruckt von den Ausmaßen der Feste rollten wir den Berg hinab zur antiken Stadt Korinth. In dieser Anlage stehen der älteste erhaltene griechische Steintempel, der Brunnen, in den Glauke der Sage nach sprang, um ihr brennendes Kleid zu löschen, sowie die ansehnlichen Reste einer römischen Fußgängerzone mit Geschäftshäusern. Im Hintergrund posierte zudem stets die kurz vorher von uns besuchte Festung.



Das moderne Korinth ließen wir links liegen und fuhren zum Kanal von Korinth, dem 6,3 km langen Durchstich der Landenge zwischen Peloponnes und dem griechischen Festland, der seit Ende des 19. Jh. die Peloponnes zur Insel macht. Über diesen Kanal führen mittlerweile einige Brücken, von denen man die typischen Kanal-Fotos schießen kann. 



Wir haben aber auch eine nicht ganz so bekannte Brücke am Ostende des Kanals aufgesucht:


Später suchten wir uns ein lauschiges Plätzchen am hintersten Ende des Strands von Nea Epidauros. 


Obwohl wir direkt hinter einem Camping-Verbots-Schild (langsam nervt dieses Wort) parkten, umkurvte uns die Patrouille fahrende Polizei abends ohne ein Wort zu verlieren.
Unser Frühsport bestand in einer kurzen Radtour, die jedoch abgekürzt werden musste, da wir Angst hatten, vom Rad geweht zu werden. Nachdem wir auf unserer Haut das Salz des Schweißes gegen das Salz des Meeres eingetauscht hatten, ging es vom neuen ins alte Epidauros. Dort marschierten wir durch eine halbe Schrebergartenkolonie, um schließlich das kleine Theater von Epidauros zu finden. 



Zum großen und so bekannten Theater führte die Straße anschließend noch gut 13 km bergan. Die Stätte rund um das Theater ist dem für uns Mediziner besonders interessanten Gott Asklepios geweiht gewesen, viel steht davon allerdings nicht mehr.
Umso imposanter präsentierte sich uns das Theater, in dem auch heute noch Konzerte stattfinden.



Auch hier haben wir versucht die Akustik zu demonstrieren, vermutlich braucht ihr aber sehr, sehr gute Boxen um den Effekt wahrzunehmen.



Die Halbinsel Methana, die vulkanischen Ursprungs ist, bot uns das nächste Ziel von Interesse: Wir wollten einen Vulkan erklimmen. Da es aber schon langsam dunkelte, mussten wir uns bis zum nächsten Tag gedulden und schliefen auf dem „Wanderparkplatz“, der genau genommen eine Verbreiterung der „Hauptstraße“ auf etwas über Normalbreite war. Dennoch war die Nacht zumindest was den Verkehr betrifft vollkommen ruhig. Das lässt sich über das Wetter leider nicht sagen und wir verbrachten eine sehr unruhige Nacht im vom Wind ausgepeitschten Schlumpf. So windig war’s morgens noch:



Wir setzten uns im nächsten Kaff in die einzige Wirtschaft mit Internet, eine Fischtaverne, bestellten einen Kaffee und überforderten damit den Wirt schon fast. So warteten wir bis zur Besserung des Wetters ab, um frohen Mutes den Volcano zu besteigen. Das rote Lavagestein knirschte herrlich unter unseren Schuhen und schon bald hatten wir den höchsten Punkt und schönsten Aussichtspunkt unserer Wanderung erreicht. 



Danach hatte Nathan schon fast das Rennrad vom Träger geholt, als sich das Wetter erneut grundlegend änderte:


Gezwungenermaßen gingen wir erneut zur Schreib- und Planarbeit über. Gegen Abend, als unsere Stromreserven ausgeschöpft waren, setzte sich erneut der Tatendrang durch und wir beschlossen weiterzufahren – eigentlich eine völlig bekloppte Idee. Da in Methana, dem Hauptort der Halbinsel eine warme Schwimmbucht existieren sollte, wollten wir dort in der Nähe übernachten, um morgens direkt in die Fluten springen zu können. Wir waren uns schon vorher klar darüber, dass hier Schwefel mit im Spiel sein musste, dass man den Ort jedoch schon 500 Meter entfernt durch die geschlossene Scheibe riechen konnte, das war dann doch zu viel des Guten. Wir schonten unsere Nasen und suchten das Weite.

Bald hatte uns der Schlumpf zu einer niedlichen kleinen Bucht gebracht, deren Zufahrt nur einer kleinen Kapelle wegen asphaltiert war. Wir realisierten erst wie allein wir waren, als unser Blick kilometerweit kein einziges Licht außer dem unseren ausmachen konnte.


Der Schock war groß, als die Helligkeit uns am nächsten Morgen offenbarte, wie viel Plastik am Strand verteilt herumlag und dass die bereitstehende Mülltonne absolut leer war. Nathan versuchte diesen Missstand ein wenig zu beseitigen, stellte aber dann enttäuscht fest, dass eine halbe Mülltonnenladung beseitigter Abfall keine wirkliche optische Verbesserung bewirkt hatte. In der Hoffnung, dass die griechische Müllabfuhr den gesammelten Unrat abholen und nicht direkt wieder ins Meer kippen würde, verließen wir das ansonsten so traumhaft anmutende Plätzchen in Richtung Troizen.
Dieses heutige Provinznest gilt als Geburtsort des Helden Theseus, der u.a. den Minotauros besiegt haben soll. Viele antike Reste kann man dort heute aber nicht mehr besichtigen, daher zogen wir fast direkt weiter und warfen bei der Durchfahrung des Ortes Galatas einen kurzen aber schönen Blick hinüber zur Insel Poros, die nur durch 200 m Wasser vom Festland getrennt ist.


Der folgende Abschnitt der Küstenstraße war geprägt von leichtem auf- und ab und den hügeligen Konturen der Insel Hydra. Wir verließen die Küste erst nach Umfahrung der Ostspitze Argoliens, um zu den Dolinen von Didyma zu gelangen. 


Nachdem wir durch einen Tunnel ins Innere der Doline vorgedrungen waren, durften wir zwei winzige Kirchen bewundern, die von Eremiten in die Felswände gebaut worden sind. 


Bewohner trafen wir hier nicht an- sieht man von einer Ratte ab, die sich in einer der Kirchen in den Abzugsschacht flüchtete.
Noch am gleichen Abend erreichten wir Nafplio mit dem vermutlich schönsten Stadtkern der Peloponnes. Aber zunächst zog es uns zum markanten Felsvorsprung über dem Hafen, auf dem die Palamidi-Festung über der Stadt emporragt. Der Blick von oben überraschte uns vollkommen. 


Besonders angenehm war, dass wir die Gegend ringsherum schon erkundet hatten und die meisten Orte und Festungen zuordnen konnten.
Da die Festung um 17 Uhr ihre Tore schloss, reichte die Zeit nicht mehr, um zu Fuß die fast 1000 Stufen hinab und wieder hinauf zu trippeln, da man zurück zum Parkplatz wieder durch die ummauerte Anlage hindurch gemusst hätte. So rollten wir mit dem Auto den Burgberg hinunter. Unten angekommen schlenderten wir durch die gefegten und gepflegten Altstadtgassen, die sich, gesäumt von exklusivsten Künstler-, Delikatessen- und 08/15-Souvenirläden durch die Vorzeigestadt winden.
An der Hafenpromenade öffnet sich ein großer Platz mit herrlichen Weitblick auf die Bucht und die kleine vorgelagerte Bourtzi-Insel, auf der gerade einmal eine kleine Festung Platz gefunden hat, mithilfe derer jedoch einst von Akronavplia, der dritten und unspektakulärsten Burg der Stadt, eine 450 m lange Kette gespannt werden und die Hafeneinfahrt versperrt werden konnte. Nachdem wir auch einen kurzen Blick in die venezianische Spyridon-Kirche geworfen hatten, fehlte uns als „must see“ eigentlich nur noch der bayerische Löwe, der unter Herrschaft von Prinz Otto von Bayern in den Jahren 1833/34 zum Gedenken an die an Pest verstorbenen bayerischen Soldaten in Fels gehauen wurde. Wir suchten und suchten, fanden Katzen, Hunde und verdreckte Gassen abseits des Mainstream. Vielleicht war es besser im Hellen nach dem Raubtier zu suchen und so fuhren wir zurück zum Aussichtsparkplatz von Palamidi, wo wir etwas später als gewollt- nachdem noch der ein oder andere lautstark sein Auto, teilweise aus undurchsichtigen Gründen, dorthin hinaufgejagt hatte- unsere Nachtruhe fanden. Am nächsten Morgen wurde unsere Hartnäckigkeit belohnt- etwas abseits der Innenstadt, aber praktischerweise direkt hinter einem LIDL, liegt diese Raubkatze aus Stein:


Mit Leckereien gestärkt, fuhren wir nach Tiryns, wo wir an Herakles' Geburtsort auf ca. 3500 Jahre alte, riesenhafte Reste einer Wehranlage stießen, die so massiv gefertigt war, dass ein ca. 25 Meter hoher Hügel als Standort ausreichte. 


Dennoch waren wir ein wenig enttäuscht von dieser Anlage, v.a. da man den besten Blick auf die Wälle von der Hauptstraße hatte, nur dass dort ein Zaun die Sicht beeinträchtigte. Das Museum war einmal; das Gebäude zerfällt und kann gerade noch für das unsaubere "Geschäft" genutzt werden. Man fragt sich, warum sich dort dennoch mehr Angestellte als Touristen aufhalten- ein Eindruck, den wir hier nicht das erste Mal hatten. Ein mykenisches Tholosgrab wenige hundert Meter weiter, eingebettet in Orangenbaumplantagen, war unser nächstes Ziel. Es hatte große Ähnlichkeit mit dem Grab, welches ihr oben im Video schon gesehen habt.
Nachdem ein erneuter und fast schon verzweifelter Versuch der Gasflaschenfüllung glückte (wir hätten auf der gesamten Peloponnes keine weitere Adresse mehr in petto gehabt), wollten wir uns noch ein Bild davon machen, wo Herakles einst die lernische Hydra besiegt haben soll. Traurigerweise ist nur noch sehr, sehr wenig von der einstigen Stadt Lerna übrig geblieben. 
Nachdem wir damit Argolien umrundet hatten, führte unser Weg entlang der Küstenstraße, bis wir einen kleinen Abstecher ins Gebirge machten und dort einen grandiosen Stellplatz unter dieser Drakulazahn-Brücke fanden:


Der Abend und die Nacht waren aber andere als schaurig- wir schliefen dort so gut wie schon lange nicht mehr! 

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