Freitag, 18. November 2016

Messenien im Batteriesparmodus

Am nächsten Morgen entpuppte sich unser Platz jedoch als äußerst tückisch. Anscheinend war es unserer Batterie hier zu kalt gewesen und der Tag Pause hatte ihr wohl auch nicht unbedingt gut getan. Jedenfalls ignorierte sie unsere Motorstartversuche. Da standen wir nun, die nächste Ortschaft lag 7 Kilometer entfernt und nach den Erfahrungswerten vom Vortag würde auch niemand bis zum Mittag vorbeikommen. Wir überlegten kurz, wie lange es wohl nach einem Anruf beim ADAC dauern würde, ehe wir Gesellschaft bekämen und kamen zu dem Entschluss, dass es sinnvoller sei, zur 1,5 Kilometer entfernten „Hauptstraße“ zu laufen, an der alle 20-30 Minuten ein Auto fuhr. Auf dem Weg dorthin begegnete uns ein Pilze sammelnder Grieche, der unser Problem verstand ohne des Englischen mächtig zu sein und uns bedeutete, dass in einer halben Stunde einer seiner Bekannten sowieso dort unten vorbeifahren werde und gewiss hilfsbereit sei. Wir liefen zum Auto zurück und warteten. Kein Grieche kam, stattdessen traf ein kanadisches Pärchen in einem Mietwagen ein, das vom Pilzsammler schon vorgewarnt war. Normale Überbrückungsversuche blieben erfolglos und wir sahen uns genötigt den Schlumpf den Hang hinaufzuschieben. Das ohnehin schon reichlich mühselige Unterfangen wurde dadurch noch erschwert, dass wir ihn mit der Schnauze nach oben geparkt hatten, ihn aber nun andersrum brauchten – also wurde er per Handarbeit am Hang gewendet. Als wir ihn schließlich den Berg weit genug empor gekämpft hatten, schoben wir ihn mit Schwung wieder in Richtung Schlucht. Durch das Einkuppeln im 2. Gang (und direkt anschließendes Bremsen, um nicht in der Schlucht zu landen) tuckerte der Dieselmotor friedlich vor sich hin. Wir bedankten uns tausendfach bei den beiden und waren uns nun endgültig einig, dass die Batterie nicht durch unser Verschulden, sondern aus eigener Schwäche heraus, den Geist aufgab; somit war eine Fahrt in die Werkstatt unumgänglich. Wir passierten das malerisch am Berg liegende Karitena mit seiner prächtigen Festungsanlage ein zweites Mal. Eigentlich hatten wir geplant es auf dem Rückweg zu besichtigen, wir hatten allerdings noch nicht wieder genug Kilometer gefahren, um den Motor abzustellen. Somit ging es nach Megalopolis, trotz seines Namens nicht gerade riesig, aber immerhin der größte Ort weit und breit. Eine reguläre Werkstatt fanden wir nicht, wohl aber eine Tankstelle, an der Batterien verkauft wurden. Der Tankwirt beharrte jedoch ohne sachliche Prüfung der alten so inständig darauf uns eine neue Batterie zu verkaufen und wirkte auch sonst nicht sonderlich kompetent, dass wir es vorzogen eine Zweitmeinung einzuholen. Wir setzten unsere geplante Tour fort und all unsere Hoffnung in die „Metropole“ des peloponnesischen Südens: Kalamata. Bis dahin achteten wir darauf, für etwaige Überbrückungen erreichbar und mit der Schnauze nach unten zu parken. Auch erschien es uns sinnvoll, himmlischen Beistand einzuholen und so gurkten wir über Kleinststraßen zum Kirchlein Agia Theodora. Prinzipiell ein Kapellchen wie es abertausende in Griechenland gibt, wäre da nicht ein kleiner Wald von 17 Eichen, der auf dem Dach der Kirche wächst. Okay, zugegebenermaßen ist auch das noch nichts besonders Besonderes, der eigentliche Clou besteht darin, dass man weder von innen noch von außen die Stämme der Bäume erblicken kann, sie wachsen geradezu aus den Mauern heraus durchs Dach. 

außen

innen

An so einer Wunderstätte sprang unser Motor natürlich ohne Probleme an und so schlängelten wir uns auf ähnlich abenteuerlichen Wegen weiter gen Süden nach Messene. Hätten wir diese Ausgrabungsstätte nicht unterschätzt, hätten wir damit vermutlich bis zum nächsten Tag gewartet. So blieben uns nur 45 Minuten für den Rundgang durch die fantastisch rekonstruierte Stadt, deren Lage am Hang umwerfende Fernblicke über die gesamte Anlage erlaubt.



Das bemerkenswerteste Gebäude war aber wohl das Stadion.



Nach der Besichtigung suchten wir uns einen einsamen Platz in einer der ungezählten Olivenbaumplantagen, die das Landschaftsbild in dieser Gegend prägen und erreichten am nächsten Vormittag den Palast des Nestor bei Pylos. Damit begaben wir uns erneut auf Homers Spuren, denn Telemach soll auf der Suche nach seinem Vater Odysseus in diesem Palast eingekehrt sein. Selbst von seinem Bad -in vermutlich dieser Badewanne- weiß die Sage zu berichten, daher ist sie das Prunkstück der Stätte.


Wir setzten unseren Weg fort und stießen auf zwei Buchten in unmittelbarer Nähe zueinander.
Die wesentlich größere davon nennt sich Navarino-Bucht und ist auch historisch interessant, denn hier fand die für Griechenlands Unabhängigkeit von der Türkei entscheidende Seeschlacht statt, interessanterweise ohne griechische Beteiligung. Am Rand dieser Bucht hielten wir und wanderten auf den Felsen, der die natürliche Barriere zur nächsten Bucht bildet. Auf diesem Felsen steht die Burg Paläokastro, von der aus der vermutlich beste Blick auf die Ochsenbauchbucht zu bestaunen ist.


Wir erwanderten auch noch die Nestor-Höhle, die direkt unter der Burg im Felsen liegt und beobachteten aus dem Schlumpf heraus das aufziehende Gewitter und beschlossen das erste Mal auf dieser Tour direkt vor einem Camping-Verbots-Schild zu übernachten.
Der nächste Tag begann wie der letzte geendet hatte- regnerisch. Wir juckelten über die vom Regen aufgeweichte Schotterpiste zurück auf die Teerstraße und wendeten uns Methoni zu. 


Dies ist ein kleiner Küstenort mit einer gigantischen Festungsanlage direkt am Meer, zu der wir in der ersten Regenpause hinüberwanderten. 


Da uns der Sinn nach einem etwas beschaulicheren Tagesprogramm stand und der Hauptplatz des Ortes aussah, als wäre dort ein offizielles Wohnmobiltreffen vereinbart worden, wollten wir dort für den Rest des Tages bleiben, ein paar Tassen Kaffee schlürfen und am Blog feilen. Gegen Abend sprach uns eine Amerikanerin, die nun in Methoni ihren Alterswohnsitz gefunden hatte an und bot uns an, auf ihrem Grundstück zu übernachten. Das wäre uns natürlich erheblich wohler gewesen, als der Dorfplatz und wir sagten zu, eine Stunde später zu ihr zu kommen. Leider erwies sich ihre Wegbeschreibung als völlig irreführend und wir fanden uns plötzlich auf einem –wir nennen es gnädigerweise mal Weg- wieder, der in Längsrichtung von einem Graben durchzogen war, der millimetergenau zwischen unsere Räder passte. Zum Wenden gab es keinen Platz und zum Rückwärtsfahren war das Gefälle zu steil. Nachdem wir uns irgendwie aus dieser misslichen Lage befreit hatten (Danke, Schlumpf), waren wir das Suchen leid und fuhren schweißdurchtränkt und ein wenig enttäuscht (es hätte so schön sein können) weiter.
In Petalidi fanden wir eine Übernachtungsmöglichkeit, die in Schlagdistanz zum Hauptziel des nächsten Tages, Kalamata, lag.


Den Namen habt ihr weiter oben schon gelesen, ja es war nun endgültig Zeit, das Bangen, ob die Batterie denn nun anspringt oder nicht, zu beenden. Die Straße nach Kalamata hinein bot mindestens eine Werkstatt für jede Automarke, die wir kannten, nur die VW-Werkstatt lag etwas abseits in einer Nebenstraße, konnte dafür aber mit deutscher Beschriftung glänzen.
Deutsch konnte der Besitzer allerdings nicht, das war aber bei guten Englischkenntnissen auch nicht notwendig. Wir erstanden eine neue Batterie inkl. Einbau für 85€ und bekamen eine große Portion Gastfreundschaft und zwei etwas kleinere Portionen Kaffee obendrein dazu.
Die Reparatur unserer Fahrerscheibe, die sich seit Juli weder hoch noch runter bewegt, musste allerdings vertagt werden, weil freitags das nötige Ersatzteil auf die Schnelle nicht auftreibbar war. Damit war unser Organisationstag allerdings noch nicht ganz zu Ende, schließlich war unsere Reservegasflasche noch immer leer. In Kalamata sollte es angeblich eine versteckte Stelle geben, die Gasflaschen füllte. Versteckt war diese Stelle tatsächlich und als Svenja sich zu Fuß durch das Tor des Grundstücks gewagt hatte, wurde sie von zwei riesigen Wachhunden gestellt, die erst im letzten Moment zurückgerufen wurden. Der Besitzer erklärte uns, es gäbe diese Gasfüllstation nicht mehr, sodass nur noch eine auf der gesamten Peloponnes blieb, die wir ausprobieren konnten. Da wir uns ein paar Tage zuvor mit einem Hamburger mit Wohnung nahe Gythio unterhalten hatten, und er uns mit Bestimmtheit erklärte von dort würde den gesamten Winter eine Fährverbindung nach Kreta bestehen, entschlossen wir uns den Ostteil der Peloponnes von Norden her aufzurollen und fuhren einmal quer hindurch, um Gythio als letzten Ort besuchen zu können. Wir fuhren bis in die Nähe von Argos nach Elliniko, wo wir vor diesem ehemaligen Wachturm in Pyramidenform unser Nachtlager aufschlugen.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen