Nach einer fast zweistündigen
Überfahrt fuhren wir auf Korfu von der Fähre und wendeten uns in Richtung
Norden, um einen Schlafplatz zu ergattern. Die Insel empfing uns mit einer
sommerlichen Blütenpracht, die wir zu dieser Zeit eigentlich nicht mehr
erwartet hatten und mit einer wohltuenden Wärme. An dieser Stelle müssen wir
gestehen, dass wir, obwohl Korfu schon vor der Tour als Zwischenziel feststand,
doch recht planlos ankamen und nun komplett improvisieren mussten, lediglich
die grobe Richtung Norden stand fest. So währte unsere Irrfahrt auf der Suche
nach einem abgelegenen Plätzchen auch länger als gewöhnlich und wir mussten
zuvor einige kleine und teilweise haarsträubend enge Bergstraßen hinter uns
bringen. Letztlich wurden dann aber doch fündig und verspeisten die letzten
gerösteten Maronen, die dem Schimmel noch getrotzt hatten, genossen den
Sonnenuntergang über der Westküste und mussten einem interessierten Korfioten,
der uns von der Straße gesehen hatte, alles über unser Gefährt erzählen;
schließlich fuhr er auch –sichtlich stolz- einen VW- Golf Baujahr 1990.
Als die Sonne wieder aufgegangen
war, schnappten wir uns als erstes die Räder. Zu schön war unsere gestrige
Strecke gewesen, um sie nicht noch einmal unter die unmotorisierten Räder zu
nehmen. Durch schier endlose Olivenhaine ging es auf und ab. Zwischendurch hielten wir an, um einem der typischen Olivenholzlädelchen einen Besuch abzustatten.
Mit einem Schneidebrettle auf dem Gepäckträger ging es weiter...
Mit einem Schneidebrettle auf dem Gepäckträger ging es weiter...
Die recht hügelige Küstenstraße
brachte uns schließlich nach Agios Stefanos, im Nordosten der Insel, von wo wir
einen fantastischen Blick über die Meerenge nach Butrint genießen konnten und
danach eine unglaublich steile Rampe zum kleinen Strand von Kerasia hinunterrollten,
an dem außer einer Taverne alle Häuser schon für den Winter hergerichtet waren.
Am Ende des Strandes fanden wir eine perfekte sichtgeschützte Nische für uns
und unseren fahrbaren Untersatz:
Na, wer findet den Schlumpf? |
Es war wohl einer der schönsten Stellplätze
unserer bisherigen Tour, allerdings wäre es undenkbar hier in der Saison zu
stehen. Leider erwies sich der Tavernenbesitzer als recht ungemütlicher
Zeitgenosse und wir zogen es vor am nächsten Tag weiterzuziehen, sonst hätten wir eine
weitere Nacht an gleicher Stelle durchaus in Betracht gezogen.
Wir folgten erneut der
Küstenstraße, dieses Mal in Richtung Westen und stoppten in Sidari, einem Dorf,
in dem sich die typischen Touristenshops aneinander reihen. Aber wir wollten ja
auch gar nicht nach Sidari selbst, sondern zum Kanal der Liebe, einer
natürlichen Verbindung zwischen zwei kleinen Buchten, nach deren gemeinsamer
Durchschwimmung einer Sage nach Pärchen Glück in der Liebe haben sollen.
Tja,
das hätten wir gerne ausprobiert, nur wie man sieht, reichte der Wasserstand dafür
nicht aus.Dafür konnte man in der Nachbarbucht umso besser baden.
Später, einige Meter höher und
einige Kilometer weiter südlich, wählten wir diesen Flecken Erde für unsere
Nachtruhe.
Er hatte nur einen Makel, der lehmige Boden war schon bei
Trockenheit recht tief und als es nachts anfing zu schütten, mussten wir
„umparken“, weil sonst zu befürchten gewesen wäre, dass wir es am nächsten
Morgen nicht aus dem Matsch heraus geschafft hätten. Die Scheibenwischer
überschlugen sich geradezu, allzu viel Sicht gaben sie dennoch nicht frei.
Völlig übermüdet musste Nathan zu allem Überfluss auch noch Erdkröten-Slalom
fahren, diese dummen Geschöpfe watscheln regelrecht vors Auto, anstatt davor zu
fliehen…Im Schritttempo erreichten wir die nächste Ausbuchtung und stoppten den
Motor ohne große Ansprüche zu stellen.
Nach dieser unruhigen Nacht
machten wir uns schon früh auf den Weg zur Festung Angelokastro, die in den
Tagen venezianischer Herrschaft über Korfu zu den wichtigsten
Verteidigungsanlagen der Insel gehörte, heute allerdings recht verfallen auf
ihrem Hügel liegt.
Direkt im Anschluss setzten wir unsere Reise nach
Paleokastra fort und flohen vor den Touristen-Haschern am Strand auf den
Stadtberg. Es war so warm, dass wir uns nach dem kurzen Aufstieg zum
Klösterchen über den schattigen, nach Hibiskus- und Basilikum duftenden
Klostergarten freuten, an dem wir uns ein ganzes Weilchen erfreuten.
Als dann
aber zwei deutsche Familien mit laut schreienden Kinder und noch lauter
schreienden Eltern auf der Bildfläche erschienen, war es für uns an der Zeit
nach ruhigeren Gefilden Ausschau zu halten. Was in der Hauptsaison wohl fast
unmöglich sein muss, gelang uns im Oktober doch recht einfach. An einer Taverne
mit einladendem Parkplatz, 10 Fußminuten vom Mirtiotissa- Strand
entfernt,
fragten wir, ob Übernachten erlaubt sei. Der Besitzer erlaubte uns dies nicht
nur, sondern empfahl uns weiter auf sein Gelände zu fahren, da wir dort ruhiger
stehen könnten. Und das konnten wir:
Dieser Stellplatz, der zu allem
Überfluss über W-LAN und eine Steckdose verfügte, bekam von uns den Namen
„Paradies“ verliehen und verschaffte uns eine tiefgreifende Erholung, wie wir
sie nur selten auf dieser Tour gefunden haben. Zwischen Oleander,
Wandelröschen, Drillingsblumen, Zylinderputzer und Hibiskus zogen einzig ein
paar Hühner ihre Kreise. Auf dem Weg zum Strand konnte Svenja frischen Thymian
und Salbei pflücken und so ihre Kräutersammlung auffüllen. Derart verwöhnt
beschlossen wir eine weitere Nacht zu bleiben, faulenzten den folgenden Tag am
Strand und schufteten vor dem PC, gingen zufrieden ins Bett und brachen am
nächsten Tag schweren Herzens wieder auf, denn die Gastfreundschaft hatten wir
unserer Meinung nach lange genug ausgekostet.
Wir nahmen den Weg nach Pelekas.
Das ist ein kleines Dorf an einem steilen Hang oberhalb eines Strandes und
direkt unterhalb des sogenannten „Kaiser’s Throne“, einer Aussichtsplattform
mit Blick über fast die komplette Insel, von der Kaiser Wilhelm II seinerzeit
regelmäßig den Sonnenuntergang beobachtet haben soll. Dieser hatte nämlich das
Achilleon, eine für Kaiserin Sissi erbaute Villa mit Prachtgarten, aufgekauft
und residierte daher regelmäßig auf Korfu. Nathan – mit einem von Svenjas
Mänteln ausgestattet- machte sich auf eine etwas größere Radtour, während Svenja
sich am Strand entspannte, das Dorfleben auf sich wirken ließ und auf dem
Rückweg in einem Privatgarten Orangen ernten durfte, soviel sie tragen konnte.
Gemeinsam mit einigen weiteren,
größtenteils deutschen, Schaulustigen beobachteten wir den „kaiserlichen“
Sonnenuntergang von der Terrasse des eigentlich geschlossenen Restaurants eines
Hotels.
Im Gegensatz zu allen anderen fuhren wir bei Einbruch der Dunkelheit
jedoch nicht weiter, sondern übernachteten auf dem Parkplatz vor der
Aussichtsplattform und neben dem Hotel. Dieses findet eigentlich nur deshalb
Erwähnung, weil am nächsten Morgen ein zweites Mal unsere Autobatterie versagte
und die einzige Person weit und breit der Besitzer des Hotels war. Gerne und
routiniert gab er uns Starthilfe und wünschte uns eine gute Fahrt. Möglichst
langsam rollten wir als 40km/h-Verkehrshindernis in die Inselhauptstadt um die
Batterie so gut es ging zu füllen. Nur gut, dass die meisten Autos auf Korfu
von ausländischen Touristen gefahrene Mietwagen sind, sodass die Einheimischen
ans Schleichen gewöhnt sind und das erwartete Hupkonzert ausblieb.
In Korfu-Stadt angekommen,
parkten wir auf dem zentralen Platz ein und wendeten uns dem Museum für
Asiatische Kunst zu. Das ist zwar nicht unbedingt das, was wir hier erwartet
hatten, aber der Stifter des Museums Gregorios Manos war gebürtiger Korfiote und sorgte dafür, dass
seine Sammlung hier ausgestellt wird. Auf zwei Stockwerken erhielten wir einen
anschaulich präsentierten Überblick über die Kunstgeschichte des Fernen Osten.
Korfus Altstadt duckt sich im Schutze zweier Festungen, einer im Osten
und einer im Westen, fast als würde die Gefahr von hoher See auch heute noch
jeden Tag hinter dem Horizont lauern. Den schönsten Blick auf die Stadt erhielten
wir nach dem Besteigen der Neuen Festung.
Selbst das Löwenmäulchen blühte noch Ende Oktober |
Auf dem Rückweg wurden wir dann
kritisch von einer Hadun-Familie beäugt. Hier das Familienoberhaupt:
Die Alte Festung zeichnete sich eher
durch kleinere Museen und den Uhrturm in ihrem Inneren aus. Das archäologische
Museum war leider- seit mittlerweile vier Jahren- geschlossen. So schlenderten
wir noch ein wenig durch die Innenstadt und fuhren, den Tag auskostend, erst am
frühen Abend weiter. Fährt man an der Küste entlang in Richtung Süden weiter,
so gelangt man ganz automatisch auf die Halbinsel Kanoni, von der aus man einen
tollen Blick auf die Mäuseinsel hat.
Nach einem kurzen Fotostopp unter
laufendem Motor führte unser Weg zum oben bereits erwähnten Achilleon- dem
einstigen Feriendomizil von Kaiserin Sissi. Auf dessen Besichtigung, auf die
wir ohnehin nicht sonderlich scharf gewesen waren, verzichteten wir jedoch
aufgrund eines unverschämt hohen Eintrittspreises. Wir knipsten das allerletzte
(scharfe) Bild, das unsere Spiegelreflex hergab und trollten uns zum angeblich
schönsten Sandstrand der Insel. In der Dünenlandschaft bei Agios Georgios
fanden wir einen tagsüber stark frequentierten, nachts jedoch völlig einsamen
Platz, eine funktionierende Stranddusche (und in 1 Kilometer Entfernung ein
ganzes Feriendorf in britischer Touristenhand).
Hier gönnten wir uns einen Bade-,
Jogging-, Radel-, Wasch- und Erholungstag, der mit einer gepflegten Partie
Billard ausklang. Von diesem Strandabschnitt abgesehen, ist der südliche Teil
der Insel erheblich ruhiger und touristisch unerschlossener als der nördliche;
landschaftlich aber auch weniger spektakulär.
Wir nahmen die Fähre von Lefkimmi zurück nach Igoumenitsa, eine deutlich
billigere, weil auch deutlich kürzere Variante zur Fähre von Korfu-Stadt.
Wieder auf dem Festland sorgten wir rasch für den dringend benötigten Radmantel-Nachschub, hatten mit der Gasbeschaffung weniger Glück und machten uns
dann daran, die Westküste hinab zu fahren…
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