Bären kamen natürlich keine –zumindest nicht,
dass wir es gemerkt hätten.
Und so ging es weiter nach Dečani, einer
weiteren serbisch-orthodoxen Kirche. Die Sicherheitsvorkehrungen in Peja hatten
uns schon schockiert, aber was wir hier zu sehen bekamen, ließ uns erahnen, wie
es noch vor 15 Jahren in der Gegend ausgesehen haben muss.
Eine einzige Straße führt zum Klosterkomplex.
Diese ist so präpariert, dass ein zügiges Fahren nicht möglich ist.
noch von vor dem Foto-Verbotsschild "geschossen" |
Nach
einigen hundert Metern Hindernis-Parcours erreichten wir dann einen
KFOR-Wachturm und einen mit Sandsäcken befestigten Gefechtsstand, aus dem zwei
mit Maschinengewehren bewaffnete moldawische Soldaten uns freundlich
durchwinkten.
Wenig später erreichten wir einen zweiten
Gefechtsstand- abermals von zwei moldawischen Soldaten besetzt. Nun war es an
der Zeit zu parken und unsere Reisepässe abzugeben. Sogar über die
Besuchszeiten wurde Buch geführt. In der gesamten Umgebung und auch im
Klosterkomplex herrscht strenges Foto- und Filmverbot, auf das wir nochmal explizit
von einem der Soldaten hingewiesen wurden. Eine letzte
Metalldetektoruntersuchung mussten wir noch über uns ergehen lassen, bis uns
das verriegelte Metalltor, nach allen Seiten von Stacheldraht flankiert,
geöffnet wurde. Bis zum Portal der Kirche wurden wir von einem Mann geleitet,
danach durften wir uns frei bewegen.
25 serbische Mönche leben noch –völlig
isoliert von der Außenwelt- in diesem Kloster, auf das zuletzt 2007 ein Handgranatenattentat
verübt wurde, dessen Spuren man an den Fresken im Eingangsbereich noch deutlich
erkennt. Auf dem Klosterhof befanden sich einige Mönche gerade in einem
angeregten Gespräch mit italienischen Soldaten. Zum einen die Mönche, meist mit
sehr langen Haaren und Bärten, in ihren schwarzen Kutten mit ihrem schlurfigen
Gang, zum anderen soldatische Schnittigkeit in Uniform.
Zwei völlig fremde Welten treffen hier in
einer Art Zweckgemeinschaft zusammen, vermischen sich und ergeben für den
Außenstehenden ein bizarr anmutendes Bild.
Der „goldene“ Boden des Gotteshauses entpuppte
sich übrigens als marmorn. Auf Diskussionen mit bewaffneten Personen wollten wir
gerne verzichten, also gibt es an dieser Stelle keine Bilder.
Wir versuchten noch einige Orte im Hinterland
zu erschließen, stellten aber schnell fest, dass dies sehr zeitraubend und
nicht sonderlich lohnend ist.
Dennoch einige typische Impressionen aus dem kosovarischen Hinterland:
Wir übernachteten in der Nähe der –zumindest
für uns- schönsten Stadt im Kosovo mit dem Schlumpf im
Gebüsch versteckt an einem Fluss. Abends schreckten wir noch einmal kurz hoch,
als ein Auto neben uns hielt und 3 junge Männer ausstiegen. Sie waren aber
nur darauf bedacht, beim Kiffen nicht erwischt zu werden und beachteten uns nicht
weiter.
Gerne erkunden wir Städte, wenn möglich, früh
morgens- so kann man sich besser an den langsam steigenden Lautstärke- und
Trubelpegel gewöhnen. In Prizren begannen wir den Tag in einem Café direkt an
der Ecke zwischen Steinbrücke und Moschee, wo wir in bester Balkanmanier zuerst
einmal einen Kaffee und Wifi genossen um gleich danach beim Bäcker Burek und
Schokoteilchen zu erwerben.
Die orthodoxen Kirchen der Stadt sind von
Polizisten bewacht und nur unregelmäßig geöffnet, da ein Priester für mehrere
Kirchen gleichzeitig zuständig ist und sich nicht zerteilen kann. Leider ist es
nahezu unmöglich vorauszusagen, wann er wo sein wird und manchmal ist er auch
einfach einkaufen, wie uns ein deutscher Soldat mitteilte. Wir hatten leider das
Pech in der interessantesten –der Muttergotteskirche- niemanden anzutreffen, waren uns aber nicht
einmal sicher, ob sie überhaupt zu besichtigen war, ist sie doch stark
beschädigt und ohne erkennbares Tor eingezäunt in Stacheldraht.
Immerhin
scheinen Renovierungsarbeiten zumindest geplant zu sein, so auch in der etwas
erhöht am Berg liegenden kleinen Kirche Sveti Spas, die nach einem Anschlag
fast völlig abgebrannt ist und eigentlich als Mahnmal erhalten bleiben könnte.
In starkem Kontrast dazu steht die Sinan Pascha Moschee, die in neuem Glanze
erstrahlt und für Svenja die erste Moschee sein sollte, die sie von innen sah.
Vor der Moschee fanden wir ein Schild vor, das Frauen das Tragen einer Burka
gebot, nur leider hatten wir zufällig keine dabei. Die Lösung, die Regenjackenkapuze
als Kopfbedeckung zu benutzen wurde von der Moschee-Aufpasserin positiv
aufgenommen in der Folge wurde sie nicht müde zu erwähnen, dass man Fotos
machen dürfe. Erst als Nathan seine Spiegelreflexkamera zückte, war sie zufrieden
gestellt. Zum Abschluss umarmte sie Svenja und schenkte ihr noch einen
Glücksbringer, dabei hatten wir doch eigentlich gar nichts für sie getan.
Einen
schönen Abschluss und Blick auf Prizren fanden wir von den Festungsruinen aus. Danach
fuhren wir (Nathan mit dem Rad, Svenja auf 4 Rädern) über einen nahe gelegenen Pass
und dann immer weiter, auf der Suche nach einem Schlafplatz, bis zu einem See
in der Nähe von Priština. Dort fröstelte es uns nachts das erste Mal, sodass
wir am nächsten Morgen froh waren über die etwas geheizte Klosterkirche Gračanica,
die -vermutlich weil sie in einer serbischen Enklave liegt- tagsüber nicht
polizeilich bewacht wird. Wir waren zwar wieder einmal die ersten Touristen,
aber der Gottesdienst war in vollem Gange und nachdem wir ihm fast 30 Minuten
beigewohnt hatten, verließen wir das Gelände wieder.
Was folgte war Priština, die etwas chaotische
Hauptstadt des Kosovo. Nachdem wir uns mühselig mit dem Auto durch eine
verkehrstechnisch scheinbar gesetzfreie Zone ins Stadtzentrum vorgekämpft
hatten, stellten wir ernüchtert fest, dass Priština im Gegensatz zu Prizren
–zumindest keine als solche zu erkennende- historische Altstadt besitzt. Einzig
ein paar Straßen, auf denen der Markt aufgebaut wurde und ein paar umliegende
Moscheen zeugen von der türkischen Herrschaft vergangener Tage.
Einen Katzensprung entfernt beginnt die
westlich wirkende Fußgängerpromenade, gespickt mit allerlei Denkmälern, um die
herum sich Regierungs- und Verwaltungsgebäude angesiedelt haben.
Immer wieder
begegneten uns KFOR-Soldaten auf ihren Spazier- oder Botengängen durch die
Stadt. Nachdem wir genug gesehen hatten, bewegten wir den Schlumpf in Richtung
Makedonien. In Ferizaj, der letzten nennenswerten Stadt vor der Grenze legten
wir einen Zwischenstopp bei einer Werkstatt, die optisch geringfügig aus der
dubiosen Masse der „Auto-Servis“
herausstach, ein. Wir brauchten einen Ölwechsel und hofften im Kosovo
günstig davon zu kommen. Kurz darauf schwebte der
Schlumpf fast an der Decke und die beiden Mechaniker (einer davon mit
Sicherheit nicht älter als 15) versuchten mit Hammer und Meißel die
Ölablassschraube zu öffnen, die scheinbar zu fest verschlossen worden war. Nachdem die
Schraube sich schlichtweg nicht öffnen ließ, kamen die beiden auf die Idee das
Öl einfach abzusaugen.
Nun fahren wir mit
frischem Öl und neuer Bremsflüssigkeit aber altem Ölfilter durch die Gegend und noch funktioniert alles.
Hinter der Grenze liegt Tetovo, eine Stadt,
in der es überhaupt keinen Spaß machte mit einem Auto unterwegs zu sein. Noch
schlimmer aber gestaltete sich für uns die Parkplatzsuche: Da der
Parkplatzseitenstreifen an der 4-spurigen Hauptstraße nicht ausreichte, wurde
in 2. und manchmal auch in 3. Reihe geparkt -dann allerdings immer nur für
einen Kurzeinkauf, schließlich musste dann der folgende Verkehr warten. Die
Seitenstraßen aber waren so von Müll und Schlaglöchern übersät und so kurvig
und unüberschaubar, dass wir beschlossen, die Stadt schnellstmöglich zu verlassen.
Generell lässt sich festhalten, dass in den makedonischen Städten egoistischer
und aggressiver gefahren wird, als wir das bisher auf dieser Tour erlebt haben.
Durch Zufall kamen wir aber doch noch an der
gesuchten Bunten Moschee vorbei und wir taten es den Einheimischen gleich,
stellten unser Auto einfach ab und stiegen kurz aus, um Fotos zu machen und
Geld abzuheben, schließlich hat Makedonien eine eigene Währung.
Wir waren ein wenig schockiert ob der neuen
Eindrücke, denn wir hatten ganz bewusst die Metropole Skopje nicht als erste
Station in Makedonien gewählt, sondern das vermeintlich ruhigere Tetovo. Die
Schlafplatzsuche führte uns an den Tresko-Stausee unweit von Skopje, wir waren
auf ein Campingplatzschild an der Straße aufmerksam geworden und hätten nach einer
Woche mal wieder gern eine Duschkabine von innen gesehen. Nach einigen Metern
stoppte uns eine Schranke, vor der ein niederländisches Wohnmobil fast direkt
am See stand, Mensch was ein selten gewordener Anblick! Ein älteres Pärchen
grüßte uns freundlich, erklärte der Campingplatz sei verfallen, aber hier
stünde man bestens, sogar einen Nachtwächter gäbe es.
Unsere Dusche mussten wir uns also einmal
mehr in einem freien Gewässer holen.
Wir genossen einen ruhigen Abend bei Wein und
Campinglicht, quatschten über Gott und die Welt und holten noch einige Tipps
für unsere nächsten Reisewochen ein. Der Nachtwächter, den wir zu uns an den
Tisch luden und der gut mittrank, war ein Mann im Rentenalter, der kaum etwas
von unserer Konversation verstand, obwohl er wohl einmal 3 Jahre in Düsseldorf
gearbeitet hatte. Wir fragten uns nur, was er bewachte, außer zwei
geschlossenen Restaurants und seiner Hütte gab es nichts weit und breit, was zu bewachen sich lohnte. Nach einer ruhigen Nacht beschlossen wir eine weitere Nacht
an diesem Ort zu verweilen und verbrachten den Tag damit, vormittags den
nahegelegenen Matka-Canyon abzuwandern
und nachmittags ein Theaterstück zu
schreiben, Bilder zu sortieren und die Ruhe zu genießen.
Unsere beiden Campingkollegen waren schon
vormittags in Richtung Heimat weitergefahren.
Und so hatten wir bei Einbruch der Dämmerung,
nachdem die meisten Tagsbesucher und Angler ihre Sachen gepackt hatten, die
riesige Anlage fast für uns allein. Leider kam ein anderer Nachtwächter als in
der Nacht zuvor und dieser schien überhaupt nicht davon begeistert zu sein auch
auf uns ein Auge werfen zu müssen. Als wir noch überlegten, wie wir
weiter verfahren sollten, hielt neben uns ein Auto und eine Frau erklärte uns in
einer Mischung aus deutsch und englisch, dass es keine gute Idee wäre hier zu
übernachten, hier sammelten sich nachts die Drogenabhängigen und Kriminellen.
Davon hatten wir in der Nacht zuvor rein gar nichts bemerkt, aber die
Gesamtsituation ließ uns aufhorchen und widerwillig begaben wir uns im Dunklen
auf eine erneute Schlafplatzsuche. Die Frau hatte uns geraten nach einer großen
Tankstelle Ausschau zu halten und dort zu fragen. Da diese videoüberwacht
seien, sei das am sichersten. Gesagt, lange gesucht, gefunden, getan. Wir schliefen
in Skopje an einer großen Tankstelle auf dem Mitarbeiterparkplatz.
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