Bevor wir euch von unseren
Albanien-Erlebnissen berichten, wollen wir noch ein paar generelle Sätze zu
einem Land verlieren, das uns unerwartet stark in seinen Bann gezogen hat.
Von 1941-1985 war Albanien eine
Diktatur unter Enver Hoxha, die nach und nach alle Verbündeten verlor und am
Ende restlos isoliert dastand. Aus Angst vor einer Invasion wurden im ganzen
Land an strategisch wichtigen Orten pilzförmige Bunker, zumeist in 3er oder 4er
Gruppierungen, gebaut. Sie galten als unzerstörbar und in Anbetracht der noch
stehenden Anzahl muss da wohl irgendetwas dran gewesen sein, einige Tausend stehen noch.
Unter Hoxha war so einiges nicht
erlaubt, z.B. der Besitz von Privatautos, die Ausreise, jegliche
Religionsausübung (nur wenige Kirchen und Moscheen haben „überlebt“) oder
ausländisches Radio zu hören. Nach seinem Tod bzw. nach dem Fall des
Nachfolge-Regimes einige Jahre später änderte sich dies schlagartig und jeder
brauchte plötzlich ein Auto. Der Bedarf wurde zum Großteil mit importierten
–häufig im Ausland gestohlenen- Mercedes-Benz gedeckt. Die inzwischen in die
Jahre gekommenen Autos stellen auch heute noch das Auto der Mittelklasse dar.
Die Unterschicht fährt noch immer auf Pferdekarren durch die Gegend, während
diejenigen, die es sich leisten können in neuen Mercedes-Benz’ umherfahren. Wer
in Albanien Auto fährt, sollte emotional belastbar sein. Es wird zur Begrüßung
gehupt und vor dem Überholen (wenn man den Überholten beim Überholen grüßt
logischerweise zweimal), um Tiere von der Straße zu verscheuchen, wenn der
Verkehr nicht voran geht oder einfach aus Lust und Laune. Es kommt einem vom
Perlhuhn bis zum LKW alles entgegen, was sich in irgendeiner Weise fortbewegen
kann, häufig völlig aus dem Nichts. Ebenso aus dem Nichts erscheinen
Schlaglöcher auf bis dahin bester Straße, teilweise sogar auf der Autobahn. Da
sind solche Strecken, die nur aus Schlaglöchern bestehen tatsächlich dankbarer.
Viele Strecken im Land sind allerdings nur mit Geländewagen zu bewältigen.
Außerdem sei erwähnt, dass zwei
historische Persönlichkeiten omnipräsent erscheinen. Zum einen der Nationalheld
Skanderbeg, dessen Statue in jeder etwas größeren Stadt zu finden ist und zum
anderen die, wie früher schon beschrieben, zwar in Skopje geborene, aber einer
albanischen Familie entstammende Mutter Theresa, nach der so ziemlich jedes
Krankenhaus benannt sein dürfte, das in Albanien steht, übrigens auch schon
jenes im überwiegend von Albanern bewohnten Ulcinj, in welchem Nathans Bein
geflickt wurde.
Wir waren also (vorerst nur
physisch) in Albanien angekommen, fuhren zunächst zur Komplettierung den
Ohridsee noch von der albanischen Seite ab und am nächsten Morgen ging es
weiter nach Elbasan, wo wir einen der rar gesäten funktionstüchtigen EC-Automaten
fanden und das Treiben auf dem großen Hauptplatz auf uns wirken ließen.
Danach
fuhren wir, Nathan auf 2, Svenja auf 4 Rädern, über einen wunderschönen Pass
von der drittgrößten Stadt des Landes in die größte –Tirana- bzw. bis kurz
davor. Dort nämlich liegt die Skanderbeg-Festung Petrele, wohl hauptsächlich für
Tagesausflüge Einheimischer fotogen aufbereitet, auf ihrem Felsvorsprung.
Auf
dem tagsüber sehr belebten Parkplatz zu ihren Füßen, der gleichzeitig auch als
Hauptplatz des umliegenden Dorfes dient, schliefen wir trotz eines heftigen Gewitters,
welches einen Stromausfall mit sich brachte (was unser Glück war, da die
Laternen ausfielen), bald ein. Am nächsten Morgen begannen wir etwas zu früh
unseren Kampf durch Tiranas Straßen, wo wir uns bald mitten im Arbeitsverkehrs-Chaos
wiederfanden, da die neue Umgehungsstraße, die Tiranas Straßen endlich
Entlastung verschaffen soll leider nur vor und hinter Tirana fertig gestellt
wurde. Der wichtigste Teil fehlt allerdings, ja schlimmer noch: die bis zum
Ortseingang exzellent ausgebaute Schnellstraße (90km/h sind erlaubt) endet ohne
jegliche Vorwarnung oder Geschwindigkeitsanpassung hinter einer langgestreckten
Kurve in einer Serpentine mit Schotterbelag! Nathan manövrierte den Schlumpf in
gekonnter albanischer Fahrweise durch meist vier Fahrspuren anstatt der zwei
eingezeichneten. Die Ampeln wurden durch Polizisten überstimmt, die wild
wedelnd die Rot- und Grünphasen anzeigten, die sich danach richteten, wie viele
Autos noch auf die andere Seite der Kreuzung passten. Das Chaos potenzierte
sich allerdings in den zahlreichen Kreiseln. Hier herrscht das Gesetz des
Stärkeren, wenn es überhaupt Regeln gibt. Zumeist sind die Kreisel 3 bis
4-spurig, eigentlich. Bei dem real existierenden Wirrwarr an hupenden,
drängelnden und quer stehenden Fahrzeugen kann man aber mit Sicherheit nicht
mehr von Fahrspuren reden. Sogar einen U-Turn haben wir mitverfolgen „dürfen“. Innen
ging es halt nicht weiter, und wer will schon warten? Nach schätzungsweise einer Stunde kamen wir
ohne Delle wieder raus- aber es sollte nicht das letzte Mal auf Tiranas Straßen
gewesen sein- schließlich haben montags alle Museen Tiranas geschlossen und die
Hauptstadt-Besichtigung musste bis auf Weiteres verschoben werden. Zunächst
fuhren wir jedoch peu a peu in ruhigere Gefilde. Zunächst erwartete uns Kruje,
die Geburtsstadt des Nationalhelden Skanderbeg.
Dem (noch?) gemütlichen
Basarviertel merkt man allerdings leider schon an, dass auch in Albanien der
Massentourismus seine Schatten voraus wirft.
Ganz anders geht es beim
einheimischen Bäcker zu, der uns genau die Münzen zeigte, die wir zu bezahlen
hatten- wir bekamen für 100 Leke (70 Cent) das bisher leckerste gekaufte Brot
unserer Reise.
Ein wenig erhöht befinden sich
die Reste der alten Festung, die natürlich, wie könnte es anders sein,
Skanderbeg bauen ließ.
In ihren Mauern finden heute zahlreiche Museen Platz,
u.a. das Skanderbeg-Museum, das mehr einem Schrein denn einem Museum ähnelt.
Außer Monumentalgemälden und –statuen des liebsten Sohnes der Stadt gibt es
recht wenig zu sehen.
Bemerkenswerterweise stieg der
Ruhepegel auf der 2009 freigegebenen ersten albanischen Autobahn, die von Kruje
in Richtung Kosovo bzw. Nordosten des Landes führt. Warum ausgerechnet hier
eine Autobahn gebaut wurde, verstehe wer will. Die „Metropole“ des Nordostens
Kukes, mit knapp mehr als 10.000 Einwohnern, ist schon 140 km vorher ausgeschildert.
Wir fuhren fast gänzlich allein durch die Ausläufer der albanischen Alpen, die
in wilder Schönheit am Wegesrand aufragten und sahen weder größere Ortschaften
noch Ausfahrten an uns vorbei ziehen. Und damit wenden wir uns einem leidigen
Thema zu: Albaner können keine Ausfahrten! Diejenige, die wir hätten nehmen
sollen (wir verpassten sie mit der Konsequenz eines 25 km langen Umwegs) war 350 Meter
vorher das erste Mal ausgeschildert und so konzipiert, dass man von der linken
Spur (für die es ein Stopp-Schild gab!) durch eine Lücke in der
Mittelleitplanke hindurch über 2 Spuren des –wenn es welchen gegeben hätte-
Gegenverkehrs hinweg auf einen hinter einer Tankstelle versteckten Schotterweg
hätte fahren müssen.
Nachdem wir auf dem Rückweg die
Abzweigung dann gefunden hatten, fanden wir uns in absoluter Einsamkeit wieder.
Das erste Dorf folgte nach ungefähr 25 km und war kaum mehr als eine Ansammlung
von Schafherden mit ihren Hirten und einer Tankstelle. Über 100 km sollten wir
so auf enger Straße bergauf und bergab weiterfahren bis wir unser Ziel Fierza
erreicht hatten. Auf diesen 100 km gab es genau eine Weggabelung, 4-5
Ortschaften und unglaublich viele Maronenbäume. Am ersten Tag sammelten wir
eigentlich nur dann, wenn die Maronen auf der Straße lagen und konnten trotzdem
am Abend den kompletten Tisch bedecken:
Wir stolperten über einen traumhaften
Schlafplatz und wurden von fast jedem vorbeifahrenden Autofahrer mittels Hupe
und Winken am neuen "Wohnort" willkommen geheißen!
Als wir am nächsten Morgen
feststellten, dass es regnete, beschlossen wir uns für den bevorstehenden
Winter mit Maronen einzudecken, von denen wir glaubten, man könne sie gut
konservieren. Wir sammelten noch einmal etwa die gleiche Menge wie am
Vortag zusammen und warteten gespannt auf die nächste Möglichkeit im Internet
nach sinnvollen Wegen zu forschen, diese zuzubereiten.
Aber kommen wir zum eigentlichen
Grund, der uns in diese abgeschiedene Gegend gelockt hatte.
Dabei handelt es sich um die
Koman-Fähre, die wir versucht haben euch in Bild und Ton näher zu bringen:
Diese Fähre fährt genau einmal
täglich und braucht für die 35km lange Strecke bis Koman knapp 2 ½ Stunden.
Hier noch ein paar Bilder:
Um auf einigermaßen passable Wege
zurückzukommen, waren anschließend noch 2 weitere Stunden Holperpiste zu überstehen.
Abends erreichten wir dann das Steinbrücken-Highlight Albaniens- die
Mesibrücke:
Wir übernachteten nahe Shkodra
und konnten morgens von der Festung herab ein drittes Mal auf den Skutarisee
blicken- irgendwie scheint er magnetische Kräfte zu haben.
Ansonsten hat Shkodra nicht viel
zu bieten, daher war der Weg frei in Richtung Süden und Hauptstadt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen