Die Transitstrecke nach Belgrad war für europäische Verhältnisse
nicht lang, aber die Straße war unglaublich schwer zu fahren. Keine
Zehntelsekunde durfte man unaufmerksam sein, keinen Blick nach rechts und links
der Straße wagen, denn schon übersah man eine scharfe Kante, ein riesiges Schlagloch,
einen tiefen Krater,...
...wilde Hunde, die vergebens versuchten es mit dem Schlumpf
aufzunehmen (die zahlreichen Kadaver am Straßenrand lassen vermuten, dass ihnen
nicht jeder ausweicht), schiebende Radfahrer, die ihr Gefährt als Lastesel
benutzen, Schubkarrenlenker, verlorene Ladung, Müll, parkende oder
liegengebliebene Autos (Aufkleber mit der Telefonnummer des Abschleppdienstes
sind praktischerweise regelmäßig am Straßenrand angebracht) oder -am allerschlimmsten-
überholenden Gegenverkehr, dem das Überholmanöver nur dann gelingt, wenn man ganz
rechts bleibt und bremst. Serben scheinen immer dann zu überholen, wenn sie
schneller fahren wollen, als das Gefährt vor ihnen und wenn sie keinen
Gegenverkehr sehen, was leider auch dann der Fall ist, wenn sie die Gegenfahrbahn
nicht einsehen können.
Wir kamen also durchgerüttelt und nass geschwitzt in Belgrad
an, fanden aber glücklicherweise ziemlich schnell unseren angesteuerten
Stellplatz, der 3km vom Zentrum entfernt lag. Es war zwar nur eine kleine
Rasenfläche auf einem Firmengelände, welches direkt an der vierspurigen
Nord-Süd-Hauptverkehrsachse Belgrads lag, aber das nahmen wir gerne in Kauf,
schließlich waren wir gespannt auf die Hauptstadt dieses Landes und wussten,
dass zwar nicht viele besondere Gebäude, aber immerhin gut bestückte Museen auf
unseren Besuch warteten. Voller Tatendrang gingen wir durch typische, ranzige
Ostblockstraßen ins Zentrum- zum Platz der Republik. Dort befindet sich das
Nationalmuseum, das jedoch zu unserer Ernüchterung, immer noch (seit über 10
Jahren) renoviert wird und nicht besucht werden kann. Von außen sieht es
eigentlich fertig aus, sieht man vom davor stehenden Kran mal ab.
Wir gingen die Fußgängerzone entlang, die aus einer einzigen
westlich anmutenden und extrem rausgeputzten Straße besteht, die die Touristen
in Richtung Festung Kalmegdan schleust. Von der Festung aus sieht man nicht nur
Novo Beograd von oben, sondern auch die kleinen angepriesenen Restaurant- und
Partyschiffe auf der Sava, die ein kleines Stück weiter in die Donau mündet sowie
im Hintergrund die Burg im Vorort Zemun. Hier oben wird flaniert, der Blick
genossen, Hund und Kegel fotografiert und -auf dem Sportgelände, das sich
inmitten der Mauern befindet- Basketball gespielt.
Auf dem Rückweg liefen wir durch das Bohème-Viertel, welches
ebenfalls nur aus einer einzigen Straße besteht. Die angepriesenen
Fleischgerichte ließen uns natürlich kalt. Am nächsten Tag schauten wir uns die
erst in diesem Jahrhundert erbaute orthodoxe Kirche Sveta Sava an, die –ist sie
doch die größte orthodoxe Kirche der Welt- einzig und allein mit ihrer Größe
punkten konnte und im Inneren noch nicht gänzlich fertig gestellt zu sein scheint.
Danach besuchten wir das Nicola Tesla Museum- unser
Highlight Belgrads. Wir füllten einige unserer naturwissenschaftlichen
Wissenslücken und bekamen einen guten Eindruck vom Leben und der Arbeit des im
heutigen Kroatien geborenen Mannes, der den größten Teil seines Lebens jedoch
in Amerika verbrachte. Dass dieses Museum in Belgrad steht, liegt am damaligen
Wohnort seines Erben.
Hier die geglückte Demonstration der elektromagnetischen
Ladung einer Tesla-Spirale:
Nun stelle man sich vor, die Lampe in Svenjas Hand sei rot,
sie trüge eine Darthvader-Maske und die Tesla-Spirale wäre aus dem Bild
geschnitten…
Tatsächlich wurden die Starwars-Lichtschwerter so zum Leben
erweckt.
Im Anschluss wollten wir uns noch das Fresken-Museum
anschauen, aber auch dieses war zwar von einem grimmigen Aufpasser bewacht,
nicht jedoch für Besucher geöffnet.
Etwas enttäuschend ging somit unser Belgrad-Besuch zu Ende
und wir fuhren weiter an der Donau entlang nach Smederevo, das einst Belgrad
als Hauptstadt Serbiens für einige Jahrzehnte abgelöst hatte.
Aus eben jener Zeit steht noch diese riesige Festung:
Auch sonst ist Smederevo eine ansehnliche Stadt, zum
Zeitpunkt unseres Besuchs war das Zentrum mit Blumen geschmückt und auch sonst
wirkt dieser Teil Serbiens nicht so arm, wie beispielsweise der von uns
durchfahrene Nordwesten. Dieser Eindruck verstärkte sich auf der Weiterfahrt. Die
zerfallenen Häuser, Fußgänger auf der Straße und Melonenverkäufer nahmen spürbar
ab und Villen und große neue Gebäude, teilweise sogar mit Pool versehen,
säumten die Straßen. Wir übernachteten auf einem Campingplatz an einem kleinen
See, der den Serben als Naherholungsgebiet dient.
Tags darauf fuhren wir an die Donau, deren Verlauf wir von
Golubac nach Kladovo für etwa 100km folgten. Dabei eröffneten sich uns wunderschöne
Blicke auf den naturbelassenen Fluss.
Erster Foto-Stopp war die Festung Golubac:
Später folgte diese Ausgrabungsstätte:
Lepenski Vir |
Svenja musste hart trainieren um den authentischen
Gesichtsausdruck der eierförmigen Kultfiguren, die hier zu besichtigen sind, zu
erlernen.Hier der direkte Vergleich:
Der eigentliche Höhepunkt der Donaustrecke jedoch lag noch
vor uns: Das Eiserne Tor, das die alten Torwartinstinkte in Nathan weckte:
Die Donau durchbricht hier eine von Felswänden ummauerte
Engstelle, die der Schifffahrt bis zum Bau eines Staudamms in den 70er Jahren arg
zusetzte.
Von einem Rastplatz oberhalb des Eisernen Tors ergaben sich
auch Blicke auf eine rumänische Sehenswürdigkeit:
König Decebalos, der in Stein gemeißelt über die Engstelle
wacht.
Auch wenn die Campingplätze hier in Serbien sehr spartanisch
und eigentlich nur auf serbische Dauercamper eingerichtet sind- ein wie auch immer geartetes WLAN, Strom und
Wasser gibt’s meistens. Am Borsko Jezero wurden wir freundlich von einem urigen
Alt-Jugoslawen auf deutsch begrüßt und fühlten uns das erste Mal „serbisch
heimisch“ (wir bezahlten den gleichen Preis wie die Landsleute, hatten einen
Platz direkt am See, wurden von den anderen Campern freundlich gegrüßt und
angesprochen- leider auf serbisch, weshalb die Konversation meist sogleich zu
Ende war oder mit Händen und Füßen weitergeführt wurde). Dort legten wir einen
Rasttag ein, den Svenja zur hoffentlich endgültigen Auskurierung und Nathan für
ein ausgiebiges –vorerst einmaliges- Rennradabenteuer auf serbischen Straßen
nutzte. Dabei waren weniger die Autofahrer das Problem als vielmehr die nicht
enden wollenden Patchworkstraßen. Nach über 111km und 2100 Höhenmetern auf
unfreiwilligem Kopfsteinpflaster war dann das gemeinsame Abendessen umso schöner. Das i-Tüpfelchen war dann noch diese Madame:
Frischen Mutes starteten wir dann heute in Richtung
Gamzigrad, dem wohl einzigen wirklichen Grund, in diesem Flecken Erde zu
stranden.
Dies ist eine römische Ausgrabungsstätte mit Festungscharakter, die
sich der ehemalige Kaiser Galerius als Altersdomizil und Bestattungsstätte
bauen ließ und seiner Mutter widmete, die in der Nähe aufgewachsen war.
Trotz einiger navigatorischer Schwierigkeiten, die weniger
auf unseren kyrillischen Lesefähigkeiten beruhten als auf gänzlich fehlender
Ausschilderung, kamen wir dann doch noch am Wehrkloster Manasija an.
wenn es dann doch mal ein Schild gibt, sieht's so aus |
Das Kloster ist vollständig von Mauern umgeben und trotzte
so jahrelang den türkischen Angriffen.
Von ähnlichem Charakter, aber nicht ganz so gewaltig
präsentierte sich uns das nur 30km entfernt stehende Kloster Ravanica, das wir
bei einsetzendem Gewitter besichtigten.
Nun schreiben wir euch von einem Campingplatz in Jagodina
und hoffen, dass das schlechte Wetter bis morgen weitergezogen ist.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen