Mittwoch, 17. August 2016

Immer der Donau und später der Nase nach

Die Transitstrecke nach Belgrad war für europäische Verhältnisse nicht lang, aber die Straße war unglaublich schwer zu fahren. Keine Zehntelsekunde durfte man unaufmerksam sein, keinen Blick nach rechts und links der Straße wagen, denn schon übersah man eine scharfe Kante, ein riesiges Schlagloch, einen tiefen Krater,...


...wilde Hunde, die vergebens versuchten es mit dem Schlumpf aufzunehmen (die zahlreichen Kadaver am Straßenrand lassen vermuten, dass ihnen nicht jeder ausweicht), schiebende Radfahrer, die ihr Gefährt als Lastesel benutzen, Schubkarrenlenker, verlorene Ladung, Müll, parkende oder liegengebliebene Autos (Aufkleber mit der Telefonnummer des Abschleppdienstes sind praktischerweise regelmäßig am Straßenrand angebracht) oder -am allerschlimmsten- überholenden Gegenverkehr, dem das Überholmanöver nur dann gelingt, wenn man ganz rechts bleibt und bremst. Serben scheinen immer dann zu überholen, wenn sie schneller fahren wollen, als das Gefährt vor ihnen und wenn sie keinen Gegenverkehr sehen, was leider auch dann der Fall ist, wenn sie die Gegenfahrbahn nicht einsehen können.
Wir kamen also durchgerüttelt und nass geschwitzt in Belgrad an, fanden aber glücklicherweise ziemlich schnell unseren angesteuerten Stellplatz, der 3km vom Zentrum entfernt lag. Es war zwar nur eine kleine Rasenfläche auf einem Firmengelände, welches direkt an der vierspurigen Nord-Süd-Hauptverkehrsachse Belgrads lag, aber das nahmen wir gerne in Kauf, schließlich waren wir gespannt auf die Hauptstadt dieses Landes und wussten, dass zwar nicht viele besondere Gebäude, aber immerhin gut bestückte Museen auf unseren Besuch warteten. Voller Tatendrang gingen wir durch typische, ranzige Ostblockstraßen ins Zentrum- zum Platz der Republik. Dort befindet sich das Nationalmuseum, das jedoch zu unserer Ernüchterung, immer noch (seit über 10 Jahren) renoviert wird und nicht besucht werden kann. Von außen sieht es eigentlich fertig aus, sieht man vom davor stehenden Kran mal ab.


Wir gingen die Fußgängerzone entlang, die aus einer einzigen westlich anmutenden und extrem rausgeputzten Straße besteht, die die Touristen in Richtung Festung Kalmegdan schleust. Von der Festung aus sieht man nicht nur Novo Beograd von oben, sondern auch die kleinen angepriesenen Restaurant- und Partyschiffe auf der Sava, die ein kleines Stück weiter in die Donau mündet sowie im Hintergrund die Burg im Vorort Zemun. Hier oben wird flaniert, der Blick genossen, Hund und Kegel fotografiert und -auf dem Sportgelände, das sich inmitten der Mauern befindet- Basketball gespielt.


Auf dem Rückweg liefen wir durch das Bohème-Viertel, welches ebenfalls nur aus einer einzigen Straße besteht. Die angepriesenen Fleischgerichte ließen uns natürlich kalt. Am nächsten Tag schauten wir uns die erst in diesem Jahrhundert erbaute orthodoxe Kirche Sveta Sava an, die –ist sie doch die größte orthodoxe Kirche der Welt- einzig und allein mit ihrer Größe punkten konnte und im Inneren noch nicht gänzlich fertig gestellt zu sein scheint.


Danach besuchten wir das Nicola Tesla Museum- unser Highlight Belgrads. Wir füllten einige unserer naturwissenschaftlichen Wissenslücken und bekamen einen guten Eindruck vom Leben und der Arbeit des im heutigen Kroatien geborenen Mannes, der den größten Teil seines Lebens jedoch in Amerika verbrachte. Dass dieses Museum in Belgrad steht, liegt am damaligen Wohnort seines Erben.
Hier die geglückte Demonstration der elektromagnetischen Ladung einer Tesla-Spirale:



Nun stelle man sich vor, die Lampe in Svenjas Hand sei rot, sie trüge eine Darthvader-Maske und die Tesla-Spirale wäre aus dem Bild geschnitten…
Tatsächlich wurden die Starwars-Lichtschwerter so zum Leben erweckt.
Im Anschluss wollten wir uns noch das Fresken-Museum anschauen, aber auch dieses war zwar von einem grimmigen Aufpasser bewacht, nicht jedoch für Besucher geöffnet.
Etwas enttäuschend ging somit unser Belgrad-Besuch zu Ende und wir fuhren weiter an der Donau entlang nach Smederevo, das einst Belgrad als Hauptstadt Serbiens für einige Jahrzehnte abgelöst hatte.
Aus eben jener Zeit steht noch diese riesige Festung:


Auch sonst ist Smederevo eine ansehnliche Stadt, zum Zeitpunkt unseres Besuchs war das Zentrum mit Blumen geschmückt und auch sonst wirkt dieser Teil Serbiens nicht so arm, wie beispielsweise der von uns durchfahrene Nordwesten. Dieser Eindruck verstärkte sich auf der Weiterfahrt. Die zerfallenen Häuser, Fußgänger auf der Straße und Melonenverkäufer nahmen spürbar ab und Villen und große neue Gebäude, teilweise sogar mit Pool versehen, säumten die Straßen. Wir übernachteten auf einem Campingplatz an einem kleinen See, der den Serben als Naherholungsgebiet dient.
Tags darauf fuhren wir an die Donau, deren Verlauf wir von Golubac nach Kladovo für etwa 100km folgten. Dabei eröffneten sich uns wunderschöne Blicke auf den naturbelassenen Fluss.
Erster Foto-Stopp war die Festung Golubac:


Später folgte diese Ausgrabungsstätte:

Lepenski Vir

Svenja musste hart trainieren um den authentischen Gesichtsausdruck der eierförmigen Kultfiguren, die hier zu besichtigen sind, zu erlernen.Hier der direkte Vergleich:


Der eigentliche Höhepunkt der Donaustrecke jedoch lag noch vor uns: Das Eiserne Tor, das die alten Torwartinstinkte in Nathan weckte:


Die Donau durchbricht hier eine von Felswänden ummauerte Engstelle, die der Schifffahrt bis zum Bau eines Staudamms in den 70er Jahren arg zusetzte.
Von einem Rastplatz oberhalb des Eisernen Tors ergaben sich auch Blicke auf eine rumänische Sehenswürdigkeit:


König Decebalos, der in Stein gemeißelt über die Engstelle wacht.


Auch wenn die Campingplätze hier in Serbien sehr spartanisch und eigentlich nur auf serbische Dauercamper eingerichtet sind-  ein wie auch immer geartetes WLAN, Strom und Wasser gibt’s meistens. Am Borsko Jezero wurden wir freundlich von einem urigen Alt-Jugoslawen auf deutsch begrüßt und fühlten uns das erste Mal „serbisch heimisch“ (wir bezahlten den gleichen Preis wie die Landsleute, hatten einen Platz direkt am See, wurden von den anderen Campern freundlich gegrüßt und angesprochen- leider auf serbisch, weshalb die Konversation meist sogleich zu Ende war oder mit Händen und Füßen weitergeführt wurde). Dort legten wir einen Rasttag ein, den Svenja zur hoffentlich endgültigen Auskurierung und Nathan für ein ausgiebiges –vorerst einmaliges- Rennradabenteuer auf serbischen Straßen nutzte. Dabei waren weniger die Autofahrer das Problem als vielmehr die nicht enden wollenden Patchworkstraßen. Nach über 111km und 2100 Höhenmetern auf unfreiwilligem Kopfsteinpflaster war dann das gemeinsame Abendessen umso schöner. Das i-Tüpfelchen war dann noch diese Madame: 


Frischen Mutes starteten wir dann heute in Richtung Gamzigrad, dem wohl einzigen wirklichen Grund, in diesem Flecken Erde zu stranden.
Dies ist eine römische Ausgrabungsstätte mit Festungscharakter, die sich der ehemalige Kaiser Galerius als Altersdomizil und Bestattungsstätte bauen ließ und seiner Mutter widmete, die in der Nähe aufgewachsen war.


Trotz einiger navigatorischer Schwierigkeiten, die weniger auf unseren kyrillischen Lesefähigkeiten beruhten als auf gänzlich fehlender Ausschilderung, kamen wir dann doch noch am Wehrkloster Manasija an.
wenn es dann doch mal ein Schild gibt, sieht's so aus 

Das Kloster ist vollständig von Mauern umgeben und trotzte so jahrelang den türkischen Angriffen.


Von ähnlichem Charakter, aber nicht ganz so gewaltig präsentierte sich uns das nur 30km entfernt stehende Kloster Ravanica, das wir bei einsetzendem Gewitter besichtigten.


Nun schreiben wir euch von einem Campingplatz in Jagodina und hoffen, dass das schlechte Wetter bis morgen weitergezogen ist.

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